Ausgabe 06 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Volkswirtschaftlicher Unsinn

Schlechte Nachrichten für den ÖPNV: Der Bund wird den Ländern für den Nahverkehr nur noch 6,6 statt der augenblicklich 7,1 Milliarden Euro jährlich überweisen. Ein empfindlicher Einschnitt in die Planung Berlins und Brandenburgs für ihren notorisch unterfinanzierten öffentlichen Verkehr.

Dabei ist es noch glimpflich abgegangen. Bevor unlängst der Bundesrat der Kürzung der Bundesmittel für den Nahverkehr zustimmte, waren noch ganz andere Grausamkeiten erwogen worden. Ursprünglich war geplant, noch weniger an die Landesfinanzminister zu überweisen als jetzt beschlossen. Außerdem hatten einige West-Länder vorgeschlagen, die Mittel nach einem Schlüssel zu verteilen, dem die Einwohnerzahl zugrundeliegt ­ im Ergebnis hätte dieser Vorschlag vor allem die Ost-Länder schlechtergestellt als zuvor. Und Pläne der EU wären auf Zerschlagung der Verkehrsverbünde hinausgelaufen. Derlei ist nun vom Tisch.

Kürzungen bleiben es dennoch; sie werden vor allem in den ländlichen Regionen Brandenburgs dazu führen, daß die Zugdichte ausgedünnt und womöglich Strecken stillgelegt werden müssen. Jeder sechste Zug könnte wegfallen, wird vermutet. Der Geschäftsführer des VBB, Hans-Werner Franz, warnt: „Für die Menschen im Verbundraum Berlin-Brandenburg, ganz besonders aber im ländlichen Raum, bedeutet dies eine erhebliche Einschränkung ihrer Mobilität mit Bussen und Bahnen." Der SPD-Verkehrspolitiker Christian Gaebler sagte, die Kürzungen seien „unausgegoren und volkswirtschaftlicher Unsinn".

Betroffen sind also weniger die Berliner ­ das U- und S-Bahnnetz ist so dicht wie in keiner anderen Großstadt ­, dafür die Brandenburger umso mehr. Für sie geht es nicht nur um eine sinkende Lebensqualität, sondern um den Verlust geradezu existentieller Verkehrswege, an denen auch die wirtschaftliche Entwicklung der ohnehin nicht gerade vom Wirtschaftswachstum heimgesuchten Gegend Deutschlands hängt.

Peter Fischer

 
 
 
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