Ausgabe 06 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Von billigem Strom und neuen Arbeitsplätzen

Lokale Agenda (VIII): Energie und Klimaschutz

Das Geld ist überall knapp, also muß gespart werden. Das gilt nicht nur für den Berliner Senat, sondern natürlich auch für zahlreiche in dieser Stadt lebende Menschen, wie man zuletzt im neuesten Sozialstrukturatlas noch einmal nachlesen konnte. Nun kann man zum Beispiel versuchen, weniger Strom zu verbrauchen – was aber durchaus mühsam ist und nicht gerade im Trend liegt. Oder man sucht sich endlich einen richtig billigen Stromlieferanten und wischt dabei auch gleich den alten Strommonopolisten in Berlin eins aus. Seit der ersten Phase der sogenannten Deregulierung des Strommarktes hat die mittlerweile nun gar nicht mehr so billige Energie aus der Steckdose leider oft einen gehörigen Nachteil: Bei vielen Anbietern stammt der Strom zum Beispiel aus alten Kohle- und Kernkraftwerken und trägt nicht nur zur Erhaltung dieser veralteten Anlagen bei, sondern auch zu einer großen Belastung von Umwelt und Klima. Schaut man sich die Projekte der Lokalen Agenda 21 (LA 21) an, die sich mit dem Bereich Energie beziehungsweise Klimaschutz in Berlin befassen, fällt auf, daß sich immer noch einige Projekte mit dem etwas „ökomäßig" anmutenden Energiesparen beschäftigen. Für solch einen Ansatz steht zum Beispiel das vom BUND in Berlin koordinierte Projekt „Nachhaltige Energiebewirtschaftung in Berliner Krankenhäusern". Dieses Projekt tritt immerhin mit der Zielvorstellung an, Einsparpotentiale von mehr als 25 Prozent beim Energieverbrauch zu bewerkstelligen. Die weitaus größere Zahl von Initiativen, die sich um das Kernthema Klimaschutz bemühen, kümmert sich lieber um Nutzungsmöglichkeiten von erneuerbaren Energien. Also lautet nun die Devise, „saubere Energie" aus zum Beispiel Sonne und Wind zu nutzen, anstatt unpopuläre Sparaufrufe unter die Menschen zu bringen? Sven Richter von der Grünen Liga Berlin und Leiter des Fachforums Klimaschutz der LA 21 meint dazu, daß Energiesparen weiterhin natürlich bei den meisten Klimaschutzprojekten hohe Priorität hat, aber man „den Leuten mit bestimmten Slogans einfach nicht mehr auf den Geist gehen kann".

Das aktuell gerade erst anlaufende Projekt „Klimaschutz schafft Arbeit" vom Ökowerk Berlin versucht dagegen, einen anderen Weg zu gehen. Das mit der Nutzung von erneuerbaren Energien gerade in einem so hochtechnologisch orientierten Land wie Deutschland durchaus Arbeitsplätze entstehen können, wird mittlerweile nicht nur in regelmäßigen Abständen vom Bundesumweltminister vorgetragen, sondern hat sich zumindest auch bei einigen Wirtschaftsfachleuten herumgesprochen.

Das von Dr. Hartwig Berger geleitete Klimaschutzprojekt hat sich dabei das anspruchsvolle Ziel gesetzt, neben der Koordinierung verschiedener schon bestehender Aktivitäten auch neue Konzepte auszuarbeiten, die Klimaschutz damit verbinden, Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade im Bereich Gebäudesanierung macht man sich einige Hoffnungen, in einer Großstadt wie Berlin neue Arbeitsplätze schaffen zu können ­ insbesondere unter den Gesichtspunkten Energieeinsparung und Nutzung von erneuerbarer Energie.

Der wohl schwierigste Part dieses LA 21-Projektes wird sicherlich die Frage nach der Finanzierung solcher Initiativen sein. So will man bei „Klimaschutz schafft Arbeit" nicht nur auf private Gelder bauen. Doch die Finanzlage von Bund und Land sieht nicht gut aus. Dementsprechend ist ein Ansatz des Projektes, zum Beispiel mit Gewerkschaften zusammenzuarbeiten sowie in Diskussionsforen politische Akteure einzubinden ­ was vielleicht auch finanzielle Unterstützung bringen könnte.

Daß die zunehmende Nutzung von erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser uns nicht alleine aus dem Dilemma einer zunehmenden Verschärfung des Klimaproblems heraushelfen wird, ist den Akteuren durchaus klar. Letztendlich, stellt Sven Richter fest, „verursacht jede Form von Energiegewinnung ökologische Folgeschäden". Am Ende werden wir uns dann doch alle noch ein wenig mehr um die alte „ökomäßige" Variante des Energiesparens bemühen müssen.

Dirk Hagen


> Am 22. September um 19 Uhr findet im Abgeordnetenhaus Berlin, Niederkirchnerstraße 5, Mitte, eine Diskussionsrunde im Rahmen des Projektes „Klimaschutz schafft Arbeitsplätze" statt

 
 
 
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