Ausgabe 19 - 1998berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Westtangente durch die Hintertür

debis düpiert Anwohnerinitiative und Bürgermeister

Am 2. Oktober ist der Potsdamer Platz eröffnet worden, und es ist zu befürchten, daß das außer den so zahlreich gepriesenen Shopping-, Freizeit- und Arbeitsmöglichkeiten auch ein neues Verkehrschaos mit sich bringt. Damit der der dort ansässige Daimler-Konzern nicht von den Auswirkungen des Autoverkehrs behelligt wird, hat man die Blechlawine unter die Erde gelegt. Der vorprogrammierte Stau an den Ausgängen des Tiergartentunnels dient nun schon als Sachzwang zum Bau des nächsten Straßenabschnitts.

Daimlers Dienstleistungsableger debis fordert schon seit längerem eine autobahnähnliche Verbindungsstraße zwischen dem Tunnelausgang am Potsdamer Platz und der Stadtautobahn am Sachsendamm. Das halbfertige Schöneberger Kreuz liegt Verkehrsplanern ohnehin quer im Magen. Die Straße soll über das Gleisdreieck und das Bahngelände zwischen Yorckbrücken und Sachsendamm ("Flaschenhals") entlang der Bautzener Straße führen. Zusammen mit dem Tiergartentunnel wäre das die Verwirklichung der Westtangente, die in den achtziger Jahren so zäh bekämpft wurde.

Die Anwohner sind natürlich dagegen und haben deshalb schon vor längerer Zeit die "AnwohnerInnen-Initiative Flaschenhals" (AIF) gegründet, die debis auch schon des öfteren zu Diskussionsrunden eingeladen hat. Bis jetzt hat der Senat die Planung zwar noch keineswegs akzeptiert, aber die Anwohner fürchten dennoch - falls es nun nach der Eröffnung des Potsdamer Platzes tatsächlich wiederholt zu starken Staus kommt - daß das Ganze doch eines Tages durchgesetzt wird. Deshalb hat die Flaschenhals-Initiative debis auch schon des öfteren zu einem offenen Meinungsaustausch eingeladen.

Zu dem ersten Treffen, das an einem Ort unter freiem Himmel geplant war, ist debis mit der Begründung nicht erschienen, sie wollten lieber in geschlossenen Räumen verhandeln. Also wurde dieser Wunsch erfüllt und das nächste Treffen war für den 3. September geplant. Debis hatte sich zur Diskussionsrunde Bürgermeister Franz Schulz aus Kreuzberg als Moderator gewünscht, und dieser erschien auch pünktlich zur geplanten Veranstaltung. Nur leider kamen die debis-Vertreter wieder nicht - eine Stunde vorher wurde durch eine Sekretärin abgesagt, eine klare Begründung hat dafür bis heute weder die Initiative noch der Bürgermeister erhalten.

Die Anwohner fragen sich nun, ob es debis einfach lästig oder unangenehm ist, mit ihnen zu verhandeln. Die wollen wahrscheinlich nur die Genehmigung, bauen und ansonsten keine Scherereien.

Saskia Möschl/js

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 19 - 1998