Ernten, was gesät wurde
Die Linkspartei streitet über die Zukunft der Sparkasse
Das Ende des Bankenskandals kommt ziemlich
unspektakulär daher. Die großen Schlachten sind geschlagen,
Gewinner und Verlierer stehen fest. Es geht jetzt nur noch darum, das
Ergebnis in die rechte Form zu bekommen, zu bilanzieren, Wunden zu
lecken. Die Bankgesellschaft aufgelöst. Die Weberbank
verkauft. Die Berliner Bank verkauft. Landowsky und Konsorten
man sah sich vor Gericht. Übriggeblieben von
Haushaltsrisiken in Milliardenhöhe für die nächsten
Jahre abgesehen die Landesbank (LBB) mit ihrem wichtigsten
Bestandteil, der Sparkasse.
Man erinnert sich: Mißmanagement, Gier und
Größenwahn bewogen in den 90er Jahren den schwarz-roten
Senat, u.a. die kerngesunde öffentliche Sparkasse und die
schwächelnde private aber in Landeseigentum befindliche
Berliner Bank zur Bankgesellschaft zu verschmelzen, um endlich
international mitspielen zu können. Doch der Konzern geriet derart
in die Krise, daß ihn der rot-grüne Senat 2001 mit einer
Finanzspritze in Höhe von 1,8 Mrd. Euro vor dem
Zusammenbruch zu bewahren müssen glaubte. Ein Jahr später
übernahm der nunmehr rot-rote Senat eine
„Risikobürgschaft" über 21,6 Mrd. Euro, die seitdem auf
Jahre hinaus auf dem Landeshaushalt lastet.
Beide Hilfsleistungen riefen die EU-Kommission auf den
Plan, die sie als wettbewerbsverzerrende Beihilfen wertete, aber nach
Verhandlungen mit Bund und Land unter der Auflage genehmigte, daß
die Berliner Bank aus der Bankgesellschaft herauszulösen und
separat zu verkaufen sei und daß sich das Land auch von seinen
Anteilen am mittlerweile in Landesbank umgenannten Konzern zu trennen
habe. Während die Berliner Bank 2006 an die Deutsche Bank ging,
läuft das Verfahren zur Privatisierung der LBB, zu der die
Investitionsbank Berlin (IBB) und die Sparkasse gehören, noch. Bis
Ende des Jahres soll der Deal über die Bühne gegangen sein.
Auch öffentliche Banken gehören zu den Bietern.
Den Bewohnern jenes berühmten Gallischen Dorfes
gleich, das von Römerlagern umzingelt ist, wollen jedoch ein paar
Linkspartei-Linke und eine Bürgerinitiative den Verlauf der
Sparkasse nicht einfach hinnehmen, stellen Fragen und fordern einen
Stop des Bieterverfahrens, das im Juni in eine weitere Runde geht. Und
da die SPD schon lange nicht mehr als satisfaktionsfähig gilt,
richtet sich ihr Augenmerk auf die Linkspartei. Sie muß sich der
Frage stellen, ob es eine Alternative zum Verkauf gegeben hätte
und ob man ihn noch rückgängig machen kann.
Nein, sagt der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus
Lederer. Er rechtfertigt die Garantiererklärung des Senates, weil
nur mit ihr eine „Bauchlandung mit Bremsung" habe erfolgen
können, die die Sanierung der Bankgesellschaft ermöglicht
habe eine alternativlose Entscheidung: „Es nicht zu
versuchen, kam nicht in Frage." Auch das nachfolgend in Gang gesetzte
Verfahren der EU-Kommission, das im Ergebnis die Anweisung enthalten
habe, auch die Sparkasse zu verkaufen, hält Lederer für
unantastbar. „Dies beinhaltet auch all seine unselbständigen
Bestandteile, sofern sie nicht herausgelöst (IBB) oder separat
veräußert (z.B. Berliner Bank) werden sollten." Die
Sparkasse aus der LBB herauszulösen, sei kaum sinnvoll, weil
allein die Sparkasse profitabel sei und die LBB ohne sie am Markt nicht
bestehen könne.
Dagegen bezweifelt die EU-Abgeordnete Sahra Wagenknecht
(ebenfalls Linkspartei), daß die EU-Kommission überhaupt
eine entsprechende Auflage erteilt habe. „Warum wird nie das
Dokument zitiert, aus dem eindeutig hervorginge, daß die Berliner
Sparkasse verkauft werden muß?" fragt sie. Und beruft sich auf
Aussagen von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die deutlich
gemacht habe, daß nicht die Kommission, sondern das Land Berlin
den Verkauf der Sparkasse betreibe und daß die Kommission in
Fragen der Eigentumsordnung in den Mitgliedsländern neutral sei
und deshalb „Deutschland vollkommen frei über die
Privatisierung oder Nichtprivatisierung einer Sparkasse entscheiden
kann." Woraus Wagenknecht folgert: „Es liegt in der Verantwortung
des Berliner Senats, ob die Sparkasse privatisiert wird. Eine
Neuverhandlung des Umstrukturierungsplans ist möglich."
Kann man oder kann man nicht? Die Frage ist falsch
gestellt, denn die, die es womöglich könnten, wollen nicht.
Schließlich treibt ausgerechnet die rot-rote Landesregierung die
Privatisierung der Sparkasse in einer Weise voran, die sogar die
Financial Times Deutschland erstaunt feststellen läßt:
„Die FDP hätte das nicht besser machen können, obwohl
sie es wenigstens programmatisch vertritt."
Darüber hinaus ist die Lage so eindeutig nicht, wie
Wagenknecht es darstellt: Mit Recht kritisiert sie die wenig
transparente Verhandlungsführung von Bund und Land gegenüber
der Kommission. Doch an der Verkaufsverpflichtung dürfte kein
Zweifel bestehen, denn alle Aussagen, die Wagenknecht ins Feld
führt, beziehen sich allgemein auf das Sparkassenwesen, aber nicht
auf den konkreten Berliner Fall. Das Kind ist in den Brunnen gefallen,
aber nicht erst jetzt, sondern bereits mit der Gründung der
Bankgesellschaft 1994. Berlin erntet mit der Privatisierung das, was es
selbst gesät hat.
Also führen beide Parteien nicht die besten
Argumente ins Feld: Die einen ignorieren eine wichtige Lehre aus dem
Bankenskandal, daß nämlich die öffentliche
Trägerschaft einer Sparkasse nicht automatisch dem Gemeinwohl
dient. Die anderen haben sich, scheint's, vollständig den
„Sachzwängen" unterworfen, ohne überhaupt noch ein
wenig Phantasie zu entwickeln. Das Augenmerk beider müßte
sich nun darauf richten, letzte Reste einer Sozialbindung der Sparkasse
zu erhalten falle sie nun unter die Privaten oder verbleibe sie
im Verbund der Sparkassen.
Benno Kirsch