Ausgabe 04 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Schöner scheitern

Der Club der polnischen Versager schließt

Foto: Knut Hildebrandt

Nun haben sie es nach sechs Jahren endlich doch geschafft: Der in der Torstraße ansässige Club der Polnischen Versager ­ bei der Eröffnung im September 2001 von Presse und Fernsehen hochumjubelt, gepusht und im ersten halben Jahr seines Bestehens förmlich überrannt von dem, was sich Szene nennt ­ macht dicht. Ganz veritabel und laut Programm auch irgendwie folgerichtig: gescheitert.

Adam Gusowski, einer der ambitionierten Versager, gesteht es ein: „Es ist schon so, daß wir versagt haben, daß wir nicht die Kraft entwickelt haben, einen unantastbaren Status zu erreichen. Wir konnten den Leuten nicht vermitteln, daß ohne uns die Torstraße einfach nur scheiße ist, daß ohne uns Mitte, ja ganz Berlin scheiße ist. Wir haben uns um unsere Lobby nicht gekümmert."

Nach dem unerwünschten, weil allzu erfolgversprechenden Hype zu Anfang setzte der Club auf ein anspruchsvolleres Programm, auf Ignoranz gegenüber der medialen Verwurstungsmaschinerie und den spaßbesessenen Post- Postlern und „Location Scouts", die den Club nur als lustige Zwischenstation auf ihrem Trip durchs Berliner Nachtleben sahen (den Versagern ist es immer sehr viel ernster, auch wenn sie sich ironisch geben): Lesungen, Jazzkonzerte, regelmäßige polnische oder estnische Filmabende folgten, später die schon im Titel wieder einmal mit der Unbedarftheit des Emigranten spielende Leutnant-Show (eine üble deutschpolnische Pidgin-Variante von Late-Night-Show). Und auch mit diesen Veranstaltungen waren die Versager alles andere als erfolglos.

Die stete Veränderung im Kiez führte aber auch zu einem Wandel in der Torstraße 66, dem Haus, in dessen Erdgeschoß die Versager siedeln. Nach und nach wurden die vormaligen Mietwohnungen verkauft. Verstand man sich vormals mit den Mietern, traf Absprachen, redete miteinander, erhielt der Club erstmals vor zwei Jahren anonyme Briefe von den Neubewohnern des Hauses, dann gab es eine Anzeige wegen Ruhestörung, Besuche des Ordnungs- und des Gewerbeaufsichtsamts folgten. Eine Ausschankgenehmigung haben die Versager für die Räume in der Torstraße nicht; sie werden sie auch nicht bekommen. Die dazu nötigen Umbauarbeiten müßten von den unwilligen Hausbewohnern bewilligt werden. Die werden alles andere als das tun. Nun wurde dem Club gerichtlich auch noch eine Sondergenehmigung für den Weiterbetrieb des Ladens verweigert.

Gleichwohl, die Versager nehmen das Ende ihres Wohnzimmers in der Torstraße relativ gelassen: Sie wollen ihren Club an anderer Stelle, auf jeden Fall in Mitte, wiedererstehen lassen. Auf ein neues fröhliches Scheitern!

Gertrude Schildbach

Bis zum 2. Juni noch hat der Club der Polnischen Versager geöffnet, Torstraße 66, Mitte.

Veranstaltungsprogramm:

www.polnischeversager.de

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