Ausgabe 04 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

peng

Ist Soldat sein bei der Bundeswehr ein Job wie jeder andere? Dieser Meinung scheint die Arbeitsagentur zu sein, denn sie gibt der Bundeswehr regelmäßig Gelegenheit, Arbeitsuchende über „Karrieremöglichkeiten" und „Chancen" zu informieren. Und da hat sie ja eine Menge zu bieten: einen krisensicheren Arbeitsplatz, vielfältige Verwendungsmöglichkeiten und ein interessantes Umfeld. Daß damit weltweite Einsätze in Krisen- und Kriegsregionen gemeint sind, bei denen man auch bereit sein muß zu töten und umgekehrt damit rechnen muß, selbst getötet zu werden, das sagt man bei dieser Gelegenheit eher selten. Gegen die Informationsveranstaltungen bei den JobCentern hat ein antimilitaristisches Netzwerk protestiert und die Berliner AA dazu gebracht, sie abzusagen. Das Netzwerk ist der Meinung, daß die Bundeswehr die schlechte Lage junger Menschen am Arbeitsmarkt ausnütze, um Kanonenfutter zu rekrutieren. Da könnte etwas Wahres dran sein.

boing

Verkehrsunternehmen fordern, das „erhöhte Beförderungsentgelt" wegen Umsonstfahrens auf bis zu 120 Euro zu verdreifachen. Dazu fällt liberalen ÖPNV-Freunden zwar ein, auf das vergleichweise geringe Verwarngeld für Falschparker (ab 10 Euro) zu verweisen, doch wird gleich zum Gegenschlag ausgeholt, also auf Autoseite eine Erhöhung gefordert. Da fragt man sich ja schon, ob die Problemlage ­ bestehend aus überhöhten Fahrpreisen und einer weitgehend zum Fahr- und Parkplatz mutierten Stadt ­ sich damit verbessern ließe. Oder ob solcherlei Forderungen nicht einer gewissen Ordnungs- und Regelungsliebe entspringen. Vielleicht die Zahl der Parkplätze reduzieren? Oder auf Kleinwagengröße beschränken? Unterdessen investiert die BVG munter in niegelnagelneue Trams, obwohl die Tramlinien derweil reduziert werden sollen. Wo sie das Geld dafür wohl herhat?

bang

Hallo? Fragt uns mal einer? Warum wir keine Kinder haben? Wir hätten schon gerne Kinder. Wir haben aber keine, denn wir müßten uns aktiv für sie entscheiden. Erstaunt stellen wir fest, daß wir uns in einer Welt wiederfinden, in der wir fast keinen Zwängen mehr unterliegen, es gibt nichts, was wir nicht frei wählen könnten ­ sogar über den Beginn (Verhütung, PID, PND etc.) oder das Ende des Lebens (Abschalten lebenserhaltender Maschinen etc.) müssen wir uns Gedanken machen. Ständig stehen wir einer Marktsituation gegenüber, die uns Vor- und Nachteile abzuwägen zwingt. Und da haben wir uns, was das Kinderkriegen angeht, eben ­ wahrscheinlich unbewußt ­ gesagt, daß uns andere Optionen größere Benefits einbringen. Mit der Frage, ob uns eine ausreichende Zahl von Plätzen in irgend welchen Betreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen, hat das aber rein gar nichts zu tun.

gang

Eines der spektakulärsten Verbrechen im Kalten Krieg war die Verschleppung Walter Linses aus dem Amerikanischen Sektor von Berlin im Jahre 1952. Vom MfS gedungene Kriminelle überwältigten ihn vor seinem Haus und brachten ihn mit Gewalt in den Ostsektor. Seitdem ist Linse nicht mehr gesehen worden. Wie man erst 1996 anläßlich seiner Rehabilitierung erfuhr, wurde er 1953 in Moskau hingerichtet. Benno Kirsch, Redakteur des scheinschlag, hat nicht nur diesen Fall rekonstruiert, sondern zugleich die Lebensgeschichte Linses aufgeschrieben. Das Büchlein Walter Linse. 1903-1953-1996 kann für 8,50 Euro im Buchhandel erworben oder bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Dülferstraße 1, 01069 Dresden, bestellt werden, fon: 0351/4695540.

Termine

EWer sich schon immer mal in Gesellschaft von Täve Schur so wie Hans Modrow wähnen wollte, kann nun dem Freundeskreis Palast der Republik betreten. Der realexistierende Abriß hat die Palastfreunde zu neuen Ufern aufbrechen lassen, darunter die Wanderausstellung „Der Palast lebt ­ trotz alledem", die ab dem 30. April in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung am Franz-Mehring-Platz 1 in Augenschein genommen werden kann.

EGeht es um ein Grundeinkommen für alle Bürger, steht meist der Ansatz seiner Bedingungslosigkeit zur Debatte. Auf der Veranstaltung „Existenzgeld und Grundeinkommen ­ Utopie oder Richtungsforderung" werden zwei Referenten kontroverse Standpunkte darstellen. Am 2. Mai um 20 Uhr im Stadtteilladen Zielona Gora, Grünberger Straße 73, Friedrichshain.

EEine Anleitung zum sicheren Gebrauch von E-Mails möchte der Workshop „E-Mails verschlüsseln für alle ­ Überwachung im Netz" am 12. Mai ab 15 Uhr in der New Yorck 59, Mariannenplatz 2, Südflügel, Kreuzberg, geben. Eigene Laptops und/oder USB-Sticks sollen nach Möglichkeit mitgebracht werden.

scheinschlag hofft

auf Unterstützung für seinen Herausgeber, den gemeinnützigen VBD e.V. Spenden bitte auf das Vereinskonto 608005906, BLZ 86010090 bei der Postbank Leipzig. Die Adresse des edlen Spenders bitte an den VBD e.V., Ackerstraße 169/170, 10115 Berlin oder info@scheinschlag.de. Bei einer Spende ab 50 Euro gibt's als Dankeschön ein Jahresabo des scheinschlag.

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtpolitik und -kultur schreiben wollen und können: kleingeistige Ordnungsliebe, mittelprächtige Vorstellungsvermögen oder größenwahnsinnige Pläne; zugespitzte Pointen, breitangelegte Argumentationsstrukturen oder formvollendete Prosa. Besonders gesucht werden diesmal Schreiber für die Themen bildende Kunst und Theater. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion, fon: 28599063, e-post: info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Autorentreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, den 19. Mai um 14 Uhr statt.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
Ausgabe 04 - 2007 © scheinschlag 2007