Ausgabe 03 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Wellen im Ozean des Hörens

Im April lädt die Akademie der Künste die Audiokunstszene ein

Totgesagte leben länger, Tote stehen sogar manchmal neu auf. Wie die „Woche des Hörspiels", die vom 20. bis 29. April am Pariser Platz und am Hanseatenweg zum ersten Mal seit 2003 stattfinden wird. Differenzen zwischen den Veranstaltern hatten zu einer mehrjährigen Pause geführt – in die Lücke waren die „ARD-Tage des Hörspiels" gesprungen. Aber bei der „Woche" gibt es mehr als die neuesten Kreationen der öffentlich-rechtlichen Anstalten: Das Festival ist international ausgerichtet und hegt den Anspruch, „die volle Bandbreite aktueller Hörkunst" vorzustellen. Dazu gehört ein Schwerpunktland – Hörspiele und Klangkunst aus Portugal sowie eine Performance zur Nelkenrevolution – und die Verleihung des Hörspielpreises der Akademie der Künste.

Während der Woche kann man aber nicht nur Hörspiele und Radiokunst anhören, sondern sich auch mit dieser durchaus zeitgemäßem Schaffensform genauer beschäftigen. Mit Live-Konzerten, Filmvorführungen, Performances, Workshops, Gesprächen und Diskussionen mit Künstlern und Auftraggebern sowie Thementagen wird man nicht nur akustisch, sondern auch zum Selbertun angeregt. In diesem Zusammenhang findet der „Tag der freien Hörspielszene" statt, an dem erläutert wird, „wie man Hörspiele macht und verkauft", bevor man sich in der AdK-Cafeteria trifft, um „Vinyl-Kurositäten gegen einen Kaffee" zu tauschen. Die Macher der Deutschlandradio-Sendung „Blogspiel" wollen im Rahmen einer Werkstatt einiges aus der Sendung und der dazugehörigen Website vorspielen und kommentieren und außerdem weitere Projekte vorstellen, unter anderem eine Onlinedatenbank, aus der Hörspielmacher sich mit O-Tönen und Aufnahmen bedienen und selber hochladen können. Im Rahmen der Woche, die sich von einem internen Treffen zum Publikumsfestival entwickelt hat, wird auch der „PLOPP!-Award" für freie Produktionen verliehen.

Dazu diskutiert die Akademie der Künste schon wieder (siehe scheinschlag 2/07) über die „Entwicklungsmöglichkeiten des Qualitätsradios" und über „das Radio als Kulturraum". Diesmal, verspricht das Programm, werden die technisch bedingten Änderungen „nicht als Bedrohung begriffen, sondern als Herausforderung". Was wohl passiert ist? Vielleicht werden die Diskussionsteilnehmer sich diesmal überhaupt mit dem Thema beschäftigen, kennen sich damit aus und können darüber sprechen, ohne sich zu blamieren? Die angekündigten Personen lassen hoffen: Medienjournalisten, ein Neurologe und eine Professorin für experimentelles Radio. Diesmal nix mit ARD-Größen und Minister a.D.!

An einem anderen Abend findet ein Fassbinder/Peer Raben-Abend im HAU 1 statt. Und wiederum an einem anderen Tag geht es von Radiowellen weg in den Ozean während des Kinderhörspieltages: Programme zu „Piraten und Meerjungfrauen" (und „Hexen und Gespenster") von zwei Hörbuchverlagen werden in „Hörlounges" zu hören sein. Danach können die jüngeren Teilnehmer an Workshops teilnehmen und ihre eigenen Kreationen schaffen.

Die Woche verspricht Interessantes und Neues rund um die und aus der Audiokunstszene. Es sieht so aus, daß, dank der angekündigten Veranstaltungen, nicht nur an beiden AdK-Standorten, sondern auch im Tesla und im HAU 1 die Woche des Hörspiels 2007 durchaus das werden könnte, was ihre Macher versprechen: nämlich ein lebendiges, internationales Forum für alle Genres der Hörkunst. Bei Einzelveranstaltungs-Eintrittskosten von 6 bzw. 4 Euro sind die Preise auf Kinobesuchsniveau.

Matthew Heaney

www.adk.de/wochedeshoerspiels

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