Ausgabe 02 - 2007 berliner stadtzeitung
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Gesunder irischer Irrsinn

Flann O'Briens Werke müßten eigentlich in Schweins-, Schafs-, wenn nicht Seezungenleder gebunden und in Silberlettern auf Goldblättern gesetzt werden; nunmehr hat der Heyne-Verlag immerhin seinen wirklich großartigen Roman Das Barmen in der Übersetzung von Harry Rowohlt neu aufgelegt – ganz in Pappe, „paperback", aber immerhin, so ist das Buch nicht gar so teuer.

Man möchte diesen grandiosen Autor, dem Zeit seines kurzen Lebens (1911 bis 1966) die literarische Anerkennung versagt blieb, als den bedeutendsten irischen Schriftsteller nicht nur des 20. Jahrhunderts bezeichnen, ja genau, denn „so hätte James Joyce geschrieben, wenn er nicht bescheuert gewesen wäre".

O'Brien, der das eigene Schreiben einmal äußerst treffend als „gesunden Irrsinn" bezeichnete, erzählt in Das Barmen, einer skurrilen Posse von ausufernder Erzählwut, die Geschichte des Dorfdeppen Bonaparte O'Coonassa, ein Leben voller „gaelischen Ungemachs" im Südwesten von Irland: ein fürchterliches Dasein voller Armut, Trunkenheit, Kartoffeln, Hunger, Schmutz, Gefängnis, Kartoffeln, Seeungeheuer, geistiger Getränke, Kartoffeln und immerwährenden Regens. Bei der Beschreibung dieses schauerlichen irischen Schicksals parodiert, persifliert, bramarbasiert, fabuliert O'Brien munter drauflos und redet sich, einen sprachlichen Salto nach dem anderen schlagend, in ein wüstes, volltrunkenes Erzähldelirium.

Wer O'Brien noch immer nicht kennen sollte, ist aufgefordert, dieses Versäumnis jetzt endlich aus der Welt zu räumen. Und sich nach Lektüre dieses Buches das in Drachenleder gebundene Gesamtwerk des Meisters zuzulegen.

Gertrude Schildbach

Flann O'Brien: Das Barmen. Eine arge Geschichte vom harten Leben. Heyne-Verlag, München 2007. 7,95 Euro.

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