Ausgabe 02 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

lüftchen

Eine Flut erschütternder Bekundungen, Geschäftsleute könnten womöglich einen noch weiteren Bogen um Berlin machen, sofern ihre subventionierten Privatflieger nicht mehr in Tempelhof niederregnen dürfen, ergießt sich aus der Berliner Lokalpresse und droht alle für eine Flughafenschließung sprechenden Argumente zu ertränken. Lärmbelästigungen, Luftverschmutzung, verlorene Millionengelder rücken aus dem Blickfeld, ebenso jene Chancen, die eine derart weitläufige Fläche für die Stadtentwicklung bietet. Anwohner des Flughafens haben nun die Bürgerinitiative „Nachnutzung des Flughafengeländes Tempelhof" ins Leben gerufen, um sich das Heft in Sachen Zukunftspläne nicht von Stadtplanern und Investorengruppen aus der Hand nehmen zu lassen. Man trifft sich am 14. März um 19 Uhr im Café Prinz, Fontanestraße 32, Neukölln. www.flughafennutzung.de

wässerchen

Die bisherigen Sanierungsgebiete des Großbezirks Pankow laufen in den kommenden Jahren aus. Was sich nach gefährlichem Flüssigkeitsverlust anhört, meint vielmehr, Subventionen für Gebäudemodernisierungen und Maßnahmen zur Verbesserung der öffentlichen Infrastruktur hätten ihre Schuldigkeit getan und die Gebiete müßten nun nicht mehr als „funktions- oder substanzschwach" gelten ­ welche Bewohner auch immer auf dem Weg dorthin mit wegsaniert wurden. Nun soll die Einrichtung sechs neuer Sanierungsgebiete geprüft werden, darunter innenstadtnähere Gebiete in Pankow-Süd, Heinersdorf, rund um die Erich-Weinert- und die Langhansstraße. Wir wünschen den Anwohnern eine gute Mieterberatung.

pflänzchen

Der Kampf gegen den blauen Dunst erhält zur Zeit neuen Schwung. Nun sind die Länder am Zug, und sie werden sich schon auf Maßnahmen einigen, wie sie die Untertanen vor Schäden durch das Passivrauchen schützen. Was so alles vorgeschlagen wird, klingt irgendwie ja recht vernünftig, doch sollte auch Nichtrauchern bewußt sein, daß es nur vordergründig um ihr Wohl geht. Denn dafür, daß Menschen als Material angesehen werden, gibt es in der Geschichte Belege zuhauf. In erster Linie geht es darum, die menschliche Arbeitskraft zu erhalten und ­ sprechen wir es ruhig mal aus ­ den Kapitalismus am Laufen zu halten. Daß dahinter, in den verborgensten Schichten des kollektiven Unterbewußtseins die Angst vor der Ambivalenz, vor dem Tod lauert, sollte ebenfalls nicht unerwähnt bleiben. Die dumpfe, immer wieder aufblitzende Ahnung, ihm trotz aller Gegenmaßnahmen ausgeliefert zu sein, hat noch die tollsten (Sumpf-)Blüten innerweltlicher Askese hervorgebracht.

tierchen

„Rettet unsere Kastanie" schallt es seit Jahren von Plakaten herunter. Der Feind, dem unter tätiger Mithilfe der Bevölkerung der Garaus gemacht werden soll, heißt Miniermotte, genauer: Kastanienminiermotte aka cameraria ohridella. Wissenschaftliche Untersuchungen geben nun anhand von 46 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und einem Lehrfilm Aufschluß über die Frage nach der Wirksamkeit von Bekämpfungsmaßnahmen. Wichtigstes Ergebnis: Wenn man die „heimische" Erzwespe aka pnigalio agraules auf die „gebietsfremde" cameraria ohridella losläßt, hat man gute Chancen, der Plage Herr zu werden. Doch wer nun gedacht hat, das Kommando „Auf in den Kampf!" gelte fortan den kleinen Tierchen, hat sich geirrt. Die Berliner auch weiterhin zum Laubsammeln aufzufordern, sei nach wie vor nötig. Wir rufen hiermit zur Fahnenflucht auf.

termine

EDie Stiftung Nord-Süd-Brücken und das Seminar für ländliche Entwicklung laden ein zu einem Vortrag von Franz Nuscheler. „Wieviel Solidarität verträgt die Eine Welt?" lautet die Frage des verdienten Wissenschaftlers, über die anschließend noch diskutiert werden darf. 7. März, 15 Uhr im Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, Prenzlauer Berg.

EAls ob es noch eines Beweises für die Vermutung bedurft hätte, daß selbst unsere possierlichste Umwelt dem Untergang geweiht ist: Der Haussperling, auch auf den Namen Spatz hörend, ist „unser gefährdeter Nachbar"! Sagt zumindest der Naturschutzbund Deutschland und lädt darob zu einem Vortrag von Diplom-Biologe Gunter Martin. Am 7. März um 18 Uhr geht es los. Ort: Umweltladen, Torstraße 216, Mitte.

EFrauen heraus zum Frauentag! Am 10. und 11. März wird die letzte Männerbastion besichtigt: das Bordell, in dem Sexarbeiterinnen ihrer Beschäftigung nachgehen. Passend zum Anlaß liest Ursula Werner erotische Texte über Sitte und Sünde. Uhrzeit und Ort bei Hydra e.V. erfragen unter fon: 61110023.

EGegen die Privatisierung der Bahn kämpft „Bahn für alle", ein Bündnis aus verschiedenen Initiativen, das nun den Informationsfluß zu erhöhen versucht: Am 17. und 18. März veranstaltet es im Haus Ungarn, Karl-Liebknecht-Straße 9, Mitte, den Kongreß „Die Bahn ist keine Ware". Es wird ein Teilnahmebetrag erhoben. www.bahn-ist-keine-ware.de.

scheinschlag fragt

noch bis zum 5. März seinen Leserinnen und Lesern – also Ihnen! – Löcher in den Bauch, um die Zeitung noch besser, schöner und toller gestalten zu können. Der mit viel Mühe ausgetüftelte Fragebogen ist in der vorigen Ausgabe zu finden oder im Netz unter www.scheinschlag.de/umfrage.

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtpolitik und -kultur schreiben wollen und können: städtebauliche Verwüstungen und politischen Treibsand, Mauerblümchen und Sumpfblüten, gesellschaftliches Dornengestrüpp und kulturelle Graswurzeln. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion, fon: 28599063, e-post: info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Autorentreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, dem 10. März, um 14 Uhr statt.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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