Ausgabe 01 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Ratgeber für Hobbykatastrophiker

Die Kapitelüberschriften sprechen für sich: „Der schwärzeste Tag", „Kollision im Korridor", „Albtraumberuf Pilot", „Ins Dunkle gesteuert", „Seelenverkäufer der Lüfte". Es gruselt einen gewaltig. Mit Mayday! haben Jan-Arwed Richter und Christian Wolf ein Buch über Flugunfälle, deren Hintergründe, Ursachen und Konsequenzen vorgelegt – und berichten darin detailliert und kenntnisreich über Flugzeugunglücke aus den letzten sechzig Jahren, so vom Absturz einer DC-6 über Utah im Jahr 1947 oder dem Kopfsprung einer Birgenair-Maschine in die Karibik 1996 und den besonders häufig zu beklagenden „afrikanischen Tragödien". Es ist ihr zweites Flugkatastrophenbuch nach dem offenbar verkaufsträchtigen Feuer an Bord!, in dem schon die spektakulärsten himmlischen Unfälle abgehandelt wurden.

Die Autoren schreiben, es ginge ihnen „nicht darum, Ängste vor dem Fliegen zu schüren." Aber was ist dann der Sinn solcher Katastrophenliteratur? In diesem Zusammenhang schon komisch genug, daß der Herausgeber des Buchs, der GeraMond Verlag, auf seiner Internetseite mit dem Slogan „Faszination Hobby" wirbt. Man könnte schlußfolgern, Maday! sei als Lektüre für Hobbykatastrophiker gedacht. Für die, denen es nicht vergönnt war wie den anderen, im Buch zurecht Gescholtenen, die „sich möglichst nah an den Unglücksort drängen, um zu gaffen und sich ja kein schreckliches Detail entgehen zu lassen". Im übrigen, und obwohl es den Autoren nicht darum ging, konnte das Buch mir zumindest bestätigen, daß Flugangst eine ganz reale Ursache hat und ich besser am Boden bleibe. So gesehen ist es dann also: Schauerliteratur bzw. zweckdienlicher Ratgeber für Zwangsneurotiker.

Thomas Rust

Jan-Arwed Richter und Christian Wolf: Mayday! Flug ins Unglück. GeraMond Verlag, München 2006.

24,95 Euro.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
Ausgabe 01 - 2007 © scheinschlag 2007