Ausgabe 10 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Wer sich den Pelz wäscht, macht sich naß

Jetzt meiden alle den Veranstaltungsort derTrabrennbahn Mariendorf

Der „Aufstand der Anständigen" findet seinen Fortgang. Anlaß war der geplante NPD-Bundesparteitag Mitte November in Berlin, für den die Rechten die Festsäle und gastronomischen Einrichtungen der Trabrennbahn Mariendorf gemietet hatten. Der Berliner Trabrenn-Verein (BTV) erklärte, Schuld an der Situation sei allein der Pächter der Rennbahn-Gastronomie, der den Mietvertrag im Sommer dieses Jahres mit der NPD abschloß. Den BTV als Hausherren verständigte er nicht, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre.

Als der BTV von diesem Mietvertrag erfuhr, legte er sofort Veto ein. Der Pächter kündigte den Vertrag. Daraufhin zog die NPD vor das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg und gewann. Bei Nichterfüllung des Vertrages drohe dem Gastronomie-Pächter eine Geldstrafe bis zu 250000 Euro.

Damit war der Rechtsstreit aber noch nicht zu Ende. BTV-Geschäftsführer Uwe Krop veranlaßte den Pächter, in Berufung zu gehen und notfalls durch alle Instanzen zu ziehen. Der BTV-Chef hatte gute Chancen, die NPD doch noch von der Trabrennbahn fernzuhalten. Denn der Pächter hatte den Vertrag mit den Rechten absprachewidrig ohne Genehmigung des BTV abgeschlossen, der ja Hausrecht genießt. Die NPD hatte dann kurzfristig das bezirkseigene Fontane-Haus in Reinickendorf per Gerichtsbeschluß als Veranstaltungsort durchgesetzt.

Der nicht mehr realisierte Mietvertrag für den Bundesparteitag der NPD bringt die Betreiber des Festzentrums auf der Trabrennbahn Mariendorf weiterhin in Schwierigkeiten: Die Absagen häufen sich. Keiner möchte mit der NPD assoziiert werden. Den Anfang machte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, als sie ihren für Ende November im Festzentrum geplanten Jahresball mit Verweis auf den NPD-Vertrag aufkündigte und der Festzentrumsleitung politische Instinktlosigkeit vorwarf.

Andere Organisationen schlossen sich dem Boykott an. Die Berliner Stadtreinigung will ihr Image nicht beschmutzen und verlegte das bereits gebuchte, alljährliche Pensionstreffen an einen anderen Ort. Auch die Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg sowie von Charlottenburg-Wilmersdorf haben angekündigt, daß ihre Bezirke dieses Unternehmen, das auch Catering anbietet, in keinem Fall mehr buchen wer-den.

„Mit der NPD Verträge machen geht einfach nicht.", lautet die Begründung. Über diese weit verbreitete Meinung dürfte sich der Pächter, der bisher nicht namentlich genannt wird, nicht wundern. Die Wahlen sind vorbei, die NPD hat es in die BVV geschafft. Außerhalb der Parlamente wählen die „Anständigen" weiter, mit ihren Füßen. Das Recht kann ihnen keiner nehmen.

Sonja John

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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