Mitten im Text

Ulrich Schlotmann mag vielleicht nicht zu jenen Autoren zählen, deren Texte sich einem erst dann erschließen, wenn man sie auch hört. Dennoch ist es eine faszinierende Erfahrung, dem Berliner Autor zuzuhören, und manchem wird sich erst so ein Zugang zu seiner Arbeit eröffnen. Denn Schlotmann ist ein Vortragskünstler und hat bereits mit Musikern wie dem Klangkünstler Zeitblom zusammengearbeitet.

Die neue CD, die jetzt in Lisa Spalts kleiner idiomatischer Reihe erschienen ist, bietet Schlotmann pur: den Mitschnitt einer Lesung, die der Verein perspektive literatur berlin im März veranstaltet hat, ergänzt durch eine Aufnahme, die eigens für diese CD gemacht wurde. Der kleinen idiomatischen Reihe geht es darum, den Bereich jenseits der Lyrik, aber auch jenseits traditioneller erzählender Prosa zu vermessen, den man behelfsmäßig als experimentelle oder reflexive Prosa bezeichnen könnte. Hier ist auch Ulrich Schlotmanns Projekt Die Freuden der Jagd zu verorten, an dem er schon seit Jahren arbeitet und aus dem Auszüge in verschiedenen Literaturzeitschriften und in einer bibliophilen Edition im Verlag von Uwe Warnke erschienen sind. Die Großmontage, die sich den Themen Jagd und Männlichkeitsinszenierungen widmet, kommt in gedruckter Form hochkompliziert und -artifiziell daher; vermittels verschiedener Arten von Hervorhebungen, Kursivierungen und Klammern wird die Gemachtheit der Montage dem Leser deutlich gemacht. Wenn Schlotmann seinen Text aber selbst vorträgt, dann wird dem Zuhörer auf frappierende Weise vor Ohren geführt, daß diese Collage aus einem Guß ist, wie die verschiedenen Ebenen sich zu einem großen Bogen fügen.

Seine CD dokumentiert einen Zwischenstand aus einem ausufernden Schreibprojekt. Noch ist das mehrere hundert Seiten umfassende Material in Bewegung. Auf das Endergebnis bzw. auf weitere Zwischenergebnisse darf man jetzt schon gespannt sein.

Ulrich Schlotmann: Die Freuden der Jagd. kleine idiomatische Reihe, Wien 2006. 13 Euro

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