Ausgabe 04 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Kurznachrichten

klar

Normalerweise versucht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ja, den Abriß des Palastes der Republik mit albernen Floskeln wie „selektiver Rückbau" und „Demontage statt Abriß ­ umweltgerecht und stadtverträglich" schönzureden. Beim Stadtforum am 10. März redete Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer aber aus Versehen, dafür um so unmißverständlicher, Klartext: Nachdem der Senatorin vom „Bündnis für den Palast" ein Pokal für ihre Arroganz und Ignoranz im Umgang mit dem Gebäude überreicht und ihr die baldige Abwahl gewünscht worden war, sagte sie: „Man sollte doch lieber gleich die entscheidende Frage stellen. Es geht um Macht und Geld, es geht darum, wer bestimmt, wer das Sagen hat, wer bezahlt, wer etwas bekommt, wer etwas verteilt und wer tatsächlich Einfluß hat." Damit ist dann ja wohl alles gesagt.

natürlich

Auf dem Platz der Republik, direkt vor dem Reichstag, wird gebaut. Adidas errichtet ­ natürlich ­ für die Fußball-WM eine „World of Football", eine Vergnügungsanlage, in deren Mittelpunkt der verkleinerte Nachbau des Olympiastadions steht. 40000 m2 werden bebaut, der Rasen komplett zugeteert, damit hernach bis zu 10000 Besucher alle Spiele auf Großbildleinwänden mitverfolgen können. Wenn nicht gerade gekickt wird, soll es musikalische und andere Belustigungen geben. 1 Euro Eintritt für das Gelände wird verlangt, für das Stadion 3 Euro. Selbstverständlich sind Glasflaschen und Alkohol verboten, die Videoüberwachung gibt es gratis. Erinnert sich noch jemand an die goldene Zeit, als man ganz ohne Geld vor dem Reichstag dem aktiven Fußballspiel frönen konnte? Aber unreguliertes Vergnügen ist innerhalb der ziemlich großen Bannmeile rund um den Reichstag nun mal nicht erwünscht.

was wohl

Ende Januar endete das Gerangel um den Verkauf des Hauses Brunnenstraße 183, das in seinem Erdgeschoß den Umsonstladen beherbergt, als Farce: Einen Tag, bevor die Zwangsversteigerung stattfinden sollte, wurde der Termin abgesagt (s. scheinschlag 1/06) ­ ein Arzt aus Passau war allen anderen zuvorgekommen, u.a. auch den Betreibern des Umsonstladens, die das Haus selbst kaufen wollten. Der neue Besitzer beabsichtigt nicht nur, die Immobilie ­ ja, was wohl? ­ zu renovieren und die Mieten drastisch zu erhöhen (um mindestens 5 Euro pro m2), er will auch den Umsonstladen durch eine ­ ja, was wohl? ­ Arztpraxis ersetzen. Informationen zu Protestveranstaltungen und Möglichkeiten anderweitiger Hilfe für den Umsonstladen im Netz unter www.umsonstladen.info.

ja, genau

Pünktlich zum Frühlingsbeginn hat sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit einer dringenden Mitteilung an die erholungssuchenden Berlinerinnen und Berliner gewandt, die wir natürlich gerne weiterleiten: „In diesen Wochen bringen verschiedene Wildtiere in den Berliner Waldgebieten ihren Nachwuchs zur Welt. Um Wildschweine, Füchse, Marder, Vögel nicht unnötig zu stören, sollte im Wald Rücksicht genommen werden." Dieser Aufforderung schließen wir uns vorbehaltlos an ­ haben wir doch schon immer gefordert. „Hunde sind an der Leine zu führen." Ja, genau, und den Maulkorb und die Hundekotschaufel nicht vergessen! „Wildschweine ­ mit oder ohne Nachwuchs ­ dürfen übrigens nicht gefüttert werden." Das allerdings finden wir bedauerlich.

termine

>> Am 11. Mai um 20 Uhr wird im A-Laden in der Rathenower Straße 22, Moabit, die Essaysammlung Soziale Bewegungen im globalisierten Kapitalismus vorgestellt. Anschließend gibt's die Möglichkeit, ausgiebig zu diskutieren.

>> Das Kreuzberg-Museum hat auch während der „Kreuzberger Maifestspiele" am 1. Mai geöffnet. Ab Einbruch der Dunkelheit wird im Garten die Multivisionsschau Ein Gespenst geht um – Protestbewegung in Kreuzberg 1970-1984 gezeigt. Eintritt ist frei.

>> Auf einen Termin, den man keinesfalls verpassen sollte, müssen wir schon jetzt hinweisen: Vom 17. Juni bis zum 2. Juli findet die Permakultur Sommerakademie in Sonnwalde statt, einem Camp zum Lernen für eine bessere Zukunft, mit Tipis, Jurten, selbstgeschnitzten Holzzelten usw. Informationen unter 035323/60966.

>> Natürlich: Einer darf nicht fehlen – Sigmund Freud, dessen 150. Geburtstag heuer ansteht. Am 27. und 28. Mai gibt es von 11 bis 19 Uhr das Freud-Wochenende im Jüdischen Museum. Mehr Informationen unter 25993443.

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtpolitik schreiben können und wollen: Bezirkspolitik von oben wie von unten, Umstrukturierungen der Arbeitswelt, Stadtentwicklungstendenzen, außergewöhnliche Kulturprojekte, Silberfischzucht oder den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion, fon: 28599063, e-post: info@scheinschlag.de.

scheinschlag braucht

dringend alte Computer, um seinen uralten Computern endlich die nötige Ruhe gönnen zu können – die sind nämlich allesamt wenigstens über sechs Jahre alt (der Methusalem unseres Arbeitslagers für Computergreise zählt satte 13 Jahre), und natürlich kollabieren die gebrechlichen Herren spätestens nach dem dritten Mausklick. Wir holen euren Elektronikopa auch selbst ab. Meldet euch bitte bei der Redaktion, fon: 28599063, e-post: info@scheinschlag.de.

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Autorentreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren, Fotografen und Illustratoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, den 6. Mai, um 14 Uhr statt.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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