Ausgabe 03 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Im Tarifdschungel

Ein Wegweiser durch das elektrische Oligopol

Aus Bewag wird Vattenfall. Und der Strom wird teurer: Zum 1. Mai plant Vattenfall Europe, die Strompreise um rund 6 Prozent anzuheben. Nicht daß der Großkonzern damit allein in Deutschland dastünde. Zum Jahreswechsel erhöhten auch schon die Konkurrenten e.on und RWE die Preise und sorgten zusammen mit umgestürzten Strommasten, Atomausstiegausstiegsgedankenspielen und höheren Öl- und Gaspreisen für reichlich Rummel um das Thema Energie.

Die Stromkonzerne nehmen die allgemeine Verteuerung von Energie als Begründung für die Tariferhöhung. Doch nur ein Teil des durch die Preisanhebung zusätzlich verdienten Geldes fließt in die höheren Energiekosten. Nicht zufällig fahren die Konzerne satte Gewinnsteigerungen ein. Man kann sich die Tariferhöhungen erlauben ­ teilen doch die vier Unternehmen e.on, RWE, Vattenfall Europe und EnBW 90 Prozent des Marktes unter sich auf und befinden sich damit in einer Monopolstellung, die jeden größeren Wettbewerb unterbindet. Gleichzeitig halten sie als Netzeigentümer die Netzgebühren hoch. Pro Kilowattstunde Strom, der durch das Leitungsnetz transportiert wird, entrichten die Verbraucher durchschnittlich 6,8 Cent an die Netzbetreiber ­ die Hälfte der realen „Transportkosten". Solcherart halten sich die Großkonzerne unliebsame Konkurrenten vom Leib, denn die hohen Durchleitungsentgelte senken die Gewinnmarge von Stromanbietern, die selbst nur mit Strom handeln.

Ist es also möglich, sich mit Energie zu versorgen, ohne einem Großkonzern zum nächsten Rekordergebnis zu verhelfen? Und wie teuer ist Öko-Strom eigentlich? Im Internet tummeln sich einige Strompreis-Vergleichsseiten. Eine Beispielrechnung auf der Grundlage des Strombedarfs eines Zwei-Personen-Haushalts ergibt für Berlin folgendes Bild: Die Kosten im Jahr bewegen sich zwischen 500 und 700 Euro. Der Markt ist relativ unübersichtlich. Der Kunde kann sich bei mehr als 20 Anbietern regelrecht verirren, neben den Großkonzernen gibt es Firmen wie die Stadtwerke Flensburg oder die EWS Schönau aus dem Schwarzwald. Der Standardtarif für Berlin (Vattenfall BerlinKlassik) liegt preislich gesehen im vorderen Mittelfeld. Die billigsten Anbieter in Berlin sind derzeit die eprimo (Tarif eprimoBerlin) und die stark beworbene Nuon Deutschland (Tarif NuonStrom). Auch Yello Strom ist preisgünstig.

Wer die Stromdiscounter und Großkonzerne meiden will, hat eine große Auswahl an ökologischen und unabhängigen Anbietern. Darunter sind Lichtblick, Strommixer, NaturEnergie und Naturstrom. Die Kosten liegen jeweils bei zirka 600 Euro im Jahr. Wer sich etwa für den Tarif von Lichtblick entscheidet, bezieht reinen Ökostrom und bezahlt dafür im Vergleich zum Tarif BerlinKlassik rund 5 Euro mehr im Monat.

Der Anbieterwechsel ist in der Regel leicht: Der Verbraucher unterschreibt den Vertrag beim neuen Anbieter und schickt die letzte Rechnung des bisherigen Anbieters mit. Alle Wechselformalitäten übernimmt dann der neue Anbieter. Dieser kann dabei Wechselgebühren verlangen. Vor Vertragsunterzeichnung sollten besonders die Bedingungen und die Mindest- und Folgevertragslaufzeit unter die Lupe genommen werden. Manche Anbieter bieten Preisgarantien, andere halten sich Erhöhungen offen. Bei Paketangeboten einiger Anbieter ist Vorsicht geboten! Dabei bezahlt der Verbraucher einen Komplettpreis fürs Jahr. Ist der Strombedarf dann höher, legt man drauf, geht der Anbieter zwischendurch pleite, hat man umsonst bezahlt.

Marco Gütle

> Strompreis-Rechner im Internet: www.stromseite.de, www.stromtip.de

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