Ausgabe 03 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Kurzkultur

expression

Walter Gramatté, ein Freund der Brükke-Künstler Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel, widmete sich in seinem graphischen Schaffen hauptsächlich dem (Selbst-)Portrait. Nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst begann er 1917 ein Studium der Malerei an der Königlichen Kunstschule des Gewerbemuseums Berlin. Etwa ein Dutzend Einzelausstellungen führten ihn nach Hamburg, Madrid und zuletzt nach Lübeck. Er starb 1929 mit 32 Jahren. Danach geriet das Werk des Spätexpressionisten zunächst in Vergessenheit. Eine letzte große Ausstellung mit Werken des 1897 in Berlin geborenen Künstlers fand 1968 im Brücke-Museum Berlin statt. Nach Ausstellungen in Düsseldorf und München will nun die Galerie Eva Poll erstmals wieder Werke von Gramatté in Berlin zeigen. Auf frische Druckgraphik aus Berlin, im Vergleich zum Spätexpressionismus wahrscheinlich sehr frische Druckgraphik, setzt dagegen die Galerie Zeisler. Lithografien von Hana Kuchlerova, Jan Pelkofer, Anne Rinn, Ariane Boss, Bodo Rott, Rebecca Walther sowie Philipp Hennevogl und Fritz Best werden dort unter dem Titel Orangen & Kabelsalat ­ Blutjunge Lithografie zu sehen sein. Wie der Titel verspricht, werden wohl überwiegend gegenständliche Motive wie z.B. die wunderschöne, in hartem Schwarzweiß gehaltene „Kabellandschaft" von Philipp Hennevogl zu sehen sein.

* „Walter Gramatté 1897 - 1929. Ein Berliner Spätexpressionist" vom 7. April bis 27. Mai in der Galerie Eva Poll, Lützowplatz 7, Tiergarten, Mo 10-13 Uhr, Di bis Fr 11 bis 18 Uhr, Sa 11 bis 15 Uhr

* „Orangen & Kabelsalat" noch bis zum 24. Mai in der Galerie Zeisler, Gethsemanestraße 9, Prenzlauer Berg, Mi 15 bis 19 Uhr

kommunikation

Das erste Berliner Telefonbuch erschien 1881 und galt damals gemeinhin als das „Buch der 99 Narren", weil man das Telefon seinerzeit für überflüssig, wenn nicht gar gefährlich hielt. Ganze 185 Namen umfaßte das großartige Nachschlagewerk. 185 Fernsprechteilnehmer, die sich gegenseitig ihre aktuellsten Narreteien in die Ohren bliesen. Nunmehr hat der Berlin Story-Verlag das erste Telefonbuch neu aufgelegt und stellt den Reprint am 1. April im Museum für Kommunikation vor, woraus dann wohl auch draus vorgelesen wird. Von vorne bis hinten. Damit wir wissen, welche Komiker damals miteinander schwätzten.

* Der Neudruck des Telefonbuchs von 1881 wird am 1. April, 15 Uhr im Museum für Kommunikation, Leipziger Str. 16, Mitte, vorgestellt.

Weitere Informationen unter
www.berliner-telefonbuch-1881.de

passion

Fotografien aus einer vergangenen Zeit sind normalerweise nichts besonderes. Fotografen aus einer vergangenen Zeit sind schon seltener. Manfred Baier ­ zu früh verstorben ­ war unter diesen Fotografen dazu noch eine Ausnahmeerscheinung. Als Lehrer in der Deutschen Demokratischen Republik versuchte er seine Passion als Fotograf auszuleben, ohne Limit. Der Berliner Manfred Baier könnte mit seinem alle Dimensionen sprengenden Foto-Almanach postum zum Rousseau der Neuzeit aufsteigen. Die naive Fotografie kommt! Und wir bleiben auf alle Fälle dabei, halten den beiden Söhnen Baiers, Wolf und Nils, die Daumen, während diese mit voller Lust und Kraft Ausstellung um Ausstellung stemmen. Kein Verlag kam bisher auf die Idee, ein Buch zu drucken ­ und das ist nicht länger hinnehmbar. Beiers Werk wird ein Klassiker werden, wir sagen es Euch voraus.

* „Menschen und Alltag in der DDR", von 7. Apri bis 30. Mai in der V.U.P. – Goldene Galerie Lounge, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg

petrifikation

Mit Beton schafft man Dauer. Augenblicke dauern einen Handschlag. Die Dauer von Verbindlichkeiten ist ein unzementierbarer Faktor. Jens Kloppmann zeigt trotzdem, mit Hilfe klassischer Minimal Art und Arte Povera-Anleihen, daß die Negativform salonfähig bleibt. Ein Handschlag, im Gesteinskörper bewahrt, macht dunkel ertastbar, welchen Spielraum uns die Soziologie im Zeitenstrom beläßt. Es wird dort halt manchmal ganz, ganz eng. Und wenn wir versagen, wird es vielleicht noch nicht einmal einen hohlen Betonklotz geben, der unser Zögern dokumentiert. Von weiteren Gesten wird uns Kloppmann in einem Laubsägefries, der den Galerieraum umsäumt, erzählen.

* „HandHand" von Jens Kloppmann, noch bis zum 15. April in der neoneo Galerie, Hannoversche Straße 3, Mitte, Di bis Mi 15 bis 20 Uhr, Sa 17 bis 20 Uhr

communication

Continuing Sparwasser HQ's already five year commitment to self economy and auto curating, DIALOGUES OF WINTER, DISCOURSES OF SPRING (DOWDOS) re-visits Sparwasser HQ's program of „artists inviting artists" in a series of evening talks open to „nomadic" artists, curators, cultural producers and artist-run-spaces currently residing or moving through Berlin. DOWDOS will provide the initial architecture for invited participants to make new or establish further contacts in Berlin by communicating and distributing their own subject-brand of artistic ideas.

* „DOWDOS" jeden Dienstag um 20 Uhr bei Sparwasser HQ – Offensive für zeitgenössische Kunst und Kommunikation, Torstraße 161, Mitte

emanation

Das Frühjahr wird mit heißen spanischen Rhythmen eingeläutet. Amparanoia stellen in der Arena ihr neues Album „La Vida Te Da", einen wilden Mix aus Mestizo-Sounds, katalanischem Rumba, Reggae und Rock'n'Roll vor. Ebenfalls in der Arena werden Ojos de Brujo ihre Fusion aus Flamenco und Hiphop, aus Elektronik, Dub und Rumba zum Besten geben. La Kinky Beat bringen frischesten Patchankera-Mestizo-Sound, einen phantastischen Crossover aus Samba, Reggae, Rocksteady und HipHop, in die Kulturbrauerei.

* Amparanoia, am 9. April, 20 Uhr im Glashaus in der Arena, Eichenstr. 4, Treptow, Ojos de Brujo, am 30. April, 20 Uhr ebenfalls in der Arena, La Kinky Beat am 18. April, 21 Uhr im Kesselhaus in der KulturBrauerei, Knaackstr. 97, Prenzlauer Berg

kompensation

Schön, daß Edgar Hilsenrath, der wohl die bedeutendsten Holocaust-Romane in deutscher Sprache geschrieben hat, die späte Anerkennung noch erlebt. Der 80. Geburtstag wird jetzt offiziös im Rathaus Schöneberg gefeiert, mit Klezmer-Band und Walter Momper. Es lohnt sich aber dennoch hinzugehen, denn es wird auch ein neuer Dokumentarfilm gezeigt, und Freunde wie die Verleger Helmut Braun und Volker Dittrich lesen aus seinen Werken.

* Die Feier zum 80. Geburtstag von Edgar Hilsenrath findet am 9. April um 11.30 Uhr im Rathaus Schöneberg statt

gratulation

Brigitte Struzyk alias Ditte, unsere geschätzte Kolumnistin, wird 60 und wir gratulieren! Das tut auch eine Gratulantenschar von Kollegen in der literaturWERKstatt: Brigitte Burmeister, Elke Erb, Dieter Kerschek, Johann P. Tammen und einige mehr. Ob ihr auch Conrath Koch-Kämmnitzsch seine Aufwartung machen wird, wissen wir nicht. Für Musik sorgt jedenfalls Janni Struzyk.

* „In vollen Zügen – Brigitte Struzyk zum 60. Geburtstag", am 3. April um 20 Uhr in der literaturWERKstatt, Knaackstr. 97/Kulturbrauerei, Prenzlauer Berg

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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