Ausgabe 03 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Kurznachrichten

sanierungskonzept

Seit Jahren bemüht sich die aus einer Bürgerinitiative hervorgegangene Genossenschaft Stadtbad Oderberger um die Sanierung des seit 18 Jahren geschlossenen Bades. Allein, das Land Berlin scheint dies verhindern zu wollen. Nachdem der Senat im letzten Jahr erst die Zusage über fünf Millionen Fördergelder zu den insgesamt 18 Millionen Euro Baukosten monatelang verschleppt, schließlich erteilt und umgehend wieder zurückgezogen hatte, blieb die Genossenschaft auf der maroden Immobilie sitzen: Denn zurückkaufen wollte das Land Berlin sie auch nicht. Nun erarbeitet die Genossenschaft mit der Stiftung Denkmalschutz ein Sanierungskonzept, und da will das Land das Gebäude doch wieder ­ bloß ohne Genossenschaft. Der Liegenschaftsfonds verhandelt derzeit mit Kaufinteressenten, so mit dem Projektentwickler Artprojekt, der dort ein Hotel mit Restaurant eröffnen möchte. Die SPD-Fraktion will die Verhandlungen auch noch als „Hilfestellung für die Genossenschaft" verkaufen. Dreister geht's nicht.

hoffnungsschimmer

Das „Bündnis für direkte Demokratie" hat dieser Tage dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses seinen Entwurf für eine Änderung der Berliner Verfassung überreicht. Damit will es Einfluß auf die Beratungen nehmen, die am 17. September in eine Volksabstimmung münden sollen. Für die Bürger soll es fortan leichter werden, Einfluß auf die Arbeit des Abgeordnetenhauses zu nehmen. Tabus soll es dabei nicht mehr geben. Sogar Finanzangelegenheiten wären dann dem direkten Volkswillen unterworfen. Angesichts des an vielen Stellen erkennbaren Versagens der politischen Klasse ein respektables Anliegen.

www.du-entscheidest-mit.de

anspruchsdenken

Mit der Freigabe des Tiergartentunnels für den Autoverkehr haben die Verkehrsplaner nun alles getan, um noch mehr Individualverkehr nach Mitte zu locken. Man rechnet damit, daß täglich 50000 PKW durch die Röhre fahren werden. Zusätzlich soll im Mai der neue Hauptbahnhof inklusive eines neuen Einkaufszentrums mit 1000 Tiefgaragenstellplätzen eröffnet werden. Da gleichzeitig der Bahnhof Zoo zum Regionalbahnhof degradiert wird, werden Fernreisende nun im Neubau in der Invalidenstraße aussteigen müssen. Die Verkehrsströme werden dadurch weiter zunehmen. Augenfälliger Ausdruck dieser Fehlplanung ist das neue elektronische Verkehrsleitsystem, das von dem Anspruch kündet, endlich eine Großstadt zu sein, deren Verkehr unter dem täglichen Auto-Ansturm zusammenbricht.

mißverständnis

Vor kurzem ist in Berlin eine Hilfslieferung eingetroffen, die, wie es heißt, für die Empfänger von Arbeitslosengeld II (vulgo: Hartz IV) bestimmt ist. Der Inhalt: Tee und Kaffee, der bis Ostern reichen soll. Der Absender: ein kenianisches Krankenhaus, das seit langem von einer Berliner Organisation unterstützt wird. Sollte diese Meldung wahr sein, dann darf man sich über den Edelmut der Kenianer freuen. Obwohl vermutet wird, daß sich die Spendenbereitschaft auf ein Mißverständnis gründet, gibt der Vorfall Anlaß, sich Sorgen zu machen. Wenn nämlich in Gegenden, die mit echten Problemen zu kämpfen haben, der Eindruck erweckt wird, daß man von Hartz IV nicht mehr leben könne, scheint es, daß ­ unbeschadet aller berechtigter Kritik ­ die Proportionen in der ganzen Aufregung verlorengegangen sind.

termine

* In der Reihe „Prekäre Perspektiven" spricht Katja Diefenbach am 4. April, 20 Uhr, in der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst über „Die Ankunft der Polizei. Zum Verhältnis von Recht, Biopolitik und Kapital". Anschließend darf diskutiert werden.

* „Wir waren Nachbarn – 102 Biographien jüdischer Zeitzeugen" heißt die Ausstellung, und im Rahmenprogramm spricht am 4. April Prof. Werner Angress im Rathaus Schöneberg, Raum 195, 18 Uhr, über den Zufluchtsort USA.

* In Zeiten dauerhaft hoher Erwerbslosigkeit gewinnt die Idee eines „bedingungslosen Grundeinkommens" an Bedeutung. Am 5. April, 19 Uhr, klärt Werner Rätz im Haus der Demokratie, Greifswalder Straße 4, über diese Idee auf.

* Wer schon immer mal das Jobcenter Pankow besuchen wollte, kann sich am 6. April dem Anti-Arbeitskreis anschließen. Treffpunkt: S-Bhf. Storkower Straße, Bahnsteigmitte, 11 Uhr.

* Vom 13. bis zum 16. April wird an der Offenen Uni im Rahmen der Autoorganisation-Aktionstage über die Chancen des Aufbaus unabhängiger politischer Strukturen diskutiert – jenseits von unmittelbarer oder mittelbarer staatlicher Förderung. www.offeneuni.tk

* Das Goethe-Institut lädt am 23. April, 12 Uhr, in die Schaubühne am Lehniner Platz ein. Carolin Emcke spricht mit dem Journalisten und Schriftsteller Suketu Mehta und dem Soziologen Didier Lapeyronnie über das Wachsen und Schrumpfen von Städten: „Maximum City – Leben und Sterben im Slum".

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtpolitik schreiben können und wollen: Bezirkspolitik von oben wie von unten, Umstrukturierungen der Arbeitswelt, außergewöhnliche Kulturprojekte, Stadtentwicklungstendenzen, Ü-Eier-Börsen oder den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion: fon: 28599063, e-post: info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Autorentreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren, Fotografen und Illustratoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, den 8. April, um 14 Uhr statt.

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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