Ausgabe 03 - 2006 berliner stadtzeitung
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Bürger gegen Privatisierung

Die Berliner Mietergemeinschaft (BMG) macht mobil gegen Privatisierung. Hatte man im Februar schon zu einer Konferenz geladen, zu der gut 200 Interessierte gekommen waren, so sollen die dort erhobenen Forderungen nun in die Praxis umgesetzt werden. Anfang März versammelten sich etwa 40 Interessierte im Abgeordnetenhaus, um das „Bürgerbündnis gegen Privatisierung" zu konstituieren.

Da Sitzungsleiter Joachim Oellerich von der BMG ausdrücklich darauf verzichtet hatte, eine Agenda auszuarbeiten, sah sich die Versammlung vor die Aufgabe gestellt, erste tastende Schritte ohne Anleitung zu unternehmen. Das funktionierte recht gut, vielleicht auch deshalb, weil das Gros der Anwesenden Erfahrungen aus anderen politischen Kontexten ­ von Attac bis Stadtteilinitiativen ­ vorweisen konnte und diszipliniert diskutierte.

Einig war man sich darüber, daß endlich etwas geschehen müsse, um die Bevölkerung zum Handeln in eigener Sache zu bewegen. Mehrere Teilnehmer bescheinigten den Deutschen, insbesondere den Berlinern, eine verblüffende politische Apathie, die beispielsweise in Irland oder Frankreich nicht bekannt sei. Man vermutete, daß dieser Umstand mangelnder Informiertheit zuzuschreiben sei. Deshalb müsse auch eine Arbeitsgruppe her, die die Erfahrungen aus anderen Ländern für Berlin fruchtbar mache.

Kontrovers wurde die Frage nach der Zusammenarbeit mit den Parteien diskutiert. Der Vorschlag, auch in den parlamentarischen Raum hineinzuwirken, wurde zwar nicht rundheraus abgelehnt, jedoch wollten sich einige ausdrücklich auch nicht von der WASG vereinnahmen lassen. Skepsis gegenüber der großen Koalition der Privatisierer, zu der auch die Linkspartei gerechnet wird, war allenthalben spürbar. Mit einer Regierung, die Einsicht in den Vertrag über die Privatisierung der Wasserbetriebe lediglich in einem Raum gewähre, in dem die Fenstergriffe abmontiert worden seien, dürfe man nicht verhandeln.

In der taz ist leicht abfällig bemerkt worden, daß Berlin „wieder mal ein linkes Bündnis mehr hat". Man mag über die Mitglieder des Zusammenschlusses die Nase rümpfen, weil es sich um die „üblichen Verdächtigen" handelt, die mit einer gewissen Verbissenheit an die Sache herangehen. Aber wer sonst steht denn bereit, um sich gegen die gegenwärtigen Zumutungen zu wehren? taz-Redakteure doch wohl nicht.

Benno Kirsch

* Kontakt: Berliner Mietergemeinschaft e.V., fon: 2 16 80 01

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