Ausgabe 02 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Im Datenrausch

In der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) sind derzeit Geisterstimmen zu hören. Der Soundkünstler Carl Michael von Hausswolff führt sie in einer Installation vor. Astrid Nippoldt hingegen beschäftigt sich in einer Videoarbeit mit einem unidentifizierbaren Unterwassergeräusch, das 1997 im Pazifischen Ozean aufgenommen wurde.

Das ist geheimnisvoll, irgendwie aber auch ganz profan: Das sogenannte Rauschen bedeutet in informationstheoretischer Hinsicht maximales Chaos, kann aber auch als größtmögliche Informationsdichte betrachtet werden. Man kann aus ihm alles herausfiltern, wenn es sein muß, auch Geisterstimmen. Es entsteht, wenn es bei der Datenübertragung ­ etwa von einem Speichermedium zu einem anderen ­ zu Pannen kommt, wenn es zu Ausfallserscheinungen kommt, technische Gebrechen auftreten. Diesem Phänomen widmet sich nun die Ausstellung Rausch/en, Teil II der Ausstellungsreihe „Auflösung", und stellt dabei auch einen Zusammenhang zwischen Rausch und Rauschen her.

Der amerikanische Medienkünstler Jim Campbell etwa hat Hitchcocks Psycho auf ein einziges Dia komprimiert – ein Grad an Informationsdichte, der nicht mehr lesbar ist. Kirsten Johannsen läßt sich vom Flimmern und Rauschen des Bildschirms nach Sendeschluß anregen – ein Phänomen, das mittlerweile der Vergangenheit angehört. Und Jens Brand ermöglicht es dem Besucher, Rausch-Kompositionen mittels eines präparierten Telefons zu verschicken. Die Ausstellung verbindet also Stimulation und Kontemplation, lädt ein zur Ausnüchterung nach dem großen Datenrausch.

hb

* „Auflösung II – Rausch/en", noch bis zum 26. März in der NGBK, Oranienstr. 25, Kreuzberg, täglich von 12 bis 18.30 Uhr

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