Ausgabe 5 - 2005 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Grüne gegen Grün

Einen besonderen Reiz Berlins machen die versteckten Hofidyllen aus. Manchmal eröffnen sich hinter den geschlossenen Straßenfassaden sogar parkähnliche Grünflächen wie im sogenannten Krausnickdreieck, zwischen Oranienburger, Krausnick- und Hamburger Straße. Hat man das Tor der Oranienburger Straße 19 passiert, glaubt man sich unter alten Bäumen in einer anderen Welt. Weitsichtigerweise definierte die BVV Mitte schon vor einiger Zeit das Sanierungsziel, dieses Kleinod zum öffentlichen Park zu gestalten. Dafür wurden 250000 Euro bewilligt und zum Teil für die Planung und erste Baumfällarbeiten bereits eingesetzt.

Doch nun bedrohen Neubaupläne den Park. Wie gut, so sollte man meinen, daß die zuständige Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung, Dorothee Dubrau, der grünen Partei und somit den Protektoren allen Grüns angehört. In diesem Falle aber will sozusagen Grün selber bauen, nämlich die grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung.

Derzeit residiert sie beengt und lärmgeplagt in den Hackeschen Höfen und träumt vom Umzug in die Oranienburger Straße 18, mit Zugang zum Krausnickpark. Dieses denkmalgeschützte Gebäude, zuvor von der Humboldt-Universität genutzt, ist nicht nur perfekt gelegen, es verfügt auch über repräsentative Räumlichkeiten wie einen beeindruckenen Saal ­ nur ist es viel zu klein für die 170 Mitarbeiter. Anstatt sich nun nach einem passenden Gebäude umzusehen, möchte die Stiftung lieber einen Teil des Krausnickparks bebauen. Sie sieht offensichtlich kein Problem darin, Grünfläche, womöglich Bäume zu beseitigen. Anstatt dieses Anliegen direkt abzulehnen, wurde eine Sitzung des zuständigen Ausschusses für Stadtentwicklung einberufen, um das Vorhaben doch bitte wohlwollend zu prüfen, das Sanierungsziel „Parkanlage" im Sinne einer möglichen Bebauung zu ändern und für die verbleibende Parkfläche eine Neuplanung in Auftrag zu geben.

Die schleunigst ins Leben gerufene Anwohnerinitiative Krausnickpark wirft der Heinrich-Böll-Stiftung nun vor, sie hätte sich nicht bemüht, eine alternative Immobilie zu finden. Die Anwohner fürchten den Verlust von Grün, einen überdimensionierten Neubau und eine mögliche Investruine, sollte der Stiftung eines Tages auch dieser Standort nicht mehr genügen. Unglaublich bleibt aber der Kern der Geschichte: daß eine Parkplanung inmitten der Stadt zugunsten eines Neubaus einfach vom Tisch gewischt werden soll.

vk

 
 
 
Ausgabe 5 - 2005 © scheinschlag 2005