Ausgabe 3 - 2005 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

„Das ist unser Haus"

Das soziale Zentrum sucht noch immer ein Obdach

Im März lud die Initiative für ein soziales Zentrum zu einer Bustour ein, an der neben Aktivisten vom Sozialforum, f.e.l.s („für eine linke Strömung") und attac auch Pressevertreter teilnahmen – auf der Suche nach leerstehenden öffentlichen Gebäuden, die dem sozialen Zentrum als Zuhause dienen könnten. Entstanden ist die Initiative im Herbst 2003, als sich sozialpolitische Projekte in einer ehemaligen Kita in Kreuzberg ein Domizil für ein soziales Zentrum ausgesucht hatten und auf breite Unterstützung stießen. Doch nach mehreren Verhandlungsrunden hatte letztlich Innensenator Ehrhardt Körting in einem Brief an die Kreuzberger Behörden erklärt, daß es sich bei den Initiatoren um Linksextremisten handelt, die auf keinen Fall ein eigenes Zentrum bekommen sollten. Solche Kalte-Kriegs-Rethorik hätte eigentlich zu größerer Solidarisierung führen müssen. Doch intern hat die PDS, die im Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain die Bürgermeisterin stellt, erklärt, daß sie ein soziales Zentrum eher als Konkurrenz betrachten würden. So ist das soziale Zentrum noch immer ohne Haus.

„Dieses Gebäude gehört uns allen!" war denn auch auf den Plakaten zu lesen, die an die besuchten Gebäude geklebt wurden. Den Auftakt macht die seit 2001 leerstehende Kita in der Glogauer Straße. Durch die von der Initiative für ein soziales Zentrum angestoßene Besetzung 2003 kam für kurze Zeit Leben in das Haus. Jetzt steht es wieder leer.

Danach wurden verschiedene Schulen in Kreuzberg, Friedrichshain und Mitte besucht, die entweder schon leer sind oder in den nächsten Monaten geschlossen werden sollen. Es ist zu vermuten, daß der Leerstand von Schulen in den nächsten Jahren noch zunehmen wird. Denn die unter dem Spardiktat stehenden Politiker nutzen die geburtenschwachen Jahrgänge nicht für kleinere und besser ausgestattete Klassen. Vielmehr werden Schulen geschlossen, und die Jugendlichen müssen weitere Wege in Kauf nehmen. Manche Schulen stehen jahrelang leer, andere sollen abgerissen werden und noblen Bürogebäuden Platz machen, wie an der Frankfurter Allee, oder aufwendig umgebaut werden, wie in der Kastanienallee.

Die Hoffnung, in einem der alten Schulgebäude ein soziales Zentrum zu etablieren, hält sich aber in Grenzen. Das liegt auch an dem größtenteils ungünstigen Zuschnitt der Räume, die größere Veranstaltungen nicht zulassen. Anders ist es beim Bethanien am Mariannenplatz. Schon in den siebziger Jahren wurde das ehemalige Krankenhaus besetzt und das Ereignis in einem Lied von Ton Steine Scherben verewigt. Heute steht die Hälfte des Gebäudes wieder leer und soll privatisiert werden. Nicht nur aus historischen Gründen wäre ein soziales Zentrum im Bethanien für viele eine sehr gute Lösung. Das Gebäude hat auch durch seinen Zuschnitt und seine Lage mitten in Kreuzberg große Attraktivität.

Auch ein ehemaliges ÖTV-Haus am Michaelkirchplatz liegt noch gut im Rennen. Seit 1995 steht es leer und ist inzwischen in den Besitz von ver.di übergegangen, die das Haus von einer Immobilienfirma verwalten läßt. Kaufinteressenten gibt es nicht, weil ein Teil der Gebäude in schlechtem baulichen Zustand ist. Als eines der ältesten Gebäude der Berliner Arbeiterbewegung böte es kein schlechtes Ambiente für ein soziales Zentrum.

Es geht zunächst einmal darum, daß verschiedene Initiativen für ihre Aktivitäten öffentliche Räume bekommen, meint Uschi Volz-Walk von der Initiative für ein soziales Zentrum. Eigentlich dürfte das kein Problem sein, seit das Berliner Abgeordnetenhaus Ende November 2004 den Berliner Senat aufgefordert hat, leerstehende öffentliche Räume gegen die Zahlung von Betriebskosten an förderungswürdige Projekte zu vermieten. Dieser Grundsatz wurde aber schon bei der Gustave-Eiffel-Schule in der Kastanienallee eindeutig mißachtet. Vielleicht kann eine starke soziale Bewegung im Fall Bethanien eine ähnliche Entwicklung verhindern. Die passenden Protestsongs gibt es schließlich noch.

Peter Nowak

Das nächste öffentliche Plenum für ein soziales Zentrum wird am 4. April um 19 Uhr in Raum 5 der OUBS in der Philippstr. 23, Mitte, stattfinden.

 
 
 
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