Ausgabe 2 - 2005 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

musik für die massen

Live und tanzbar

Es gibt Bands, da verweist schon die Instrumentierung auf das Potential bei Live-Auftritten: Akkordeon und Balalaika lassen beispielsweise bei Apparatschik auf einen hohen Tanzfaktor schließen. Und tatsächlich sorgen sie mit ihrer Mischung aus russischem Marsch und Volksmusik, Punk und Ska für volle Tanzflächen nicht nur in ehemals sozialistischen Arbeiterheimen. Apparatschik kommen aus Berlin, und auch wenn sich die Musiker Oljeg, Ivan, Desto, Yuri und Roman nennen, ist es zweifelhaft, ob sich auch nur ein echter russischer Apparatschik-Parteifunktionär in ihren Reihen befindet – aber das spielt ohnehin keine Rolle. Die Kostümierung und der Einsatz bei ihren Konzerten stimmen. Wichtiger schon die Frage, ob das, was live so direkt in die Beine geht, auch auf einem silbern schimmernden Tonträger funktionieren kann. Aurora heißt die neue CD und tritt souverän den Beweis an, daß auch ein Berliner Zimmer mit abgezogenen Dielen der perfekte Ort für eine Russen-Look-alike-Party sein kann. Und da es trotz markant-russisch-männlichem Gesang auch mal melancholisch zugeht, muß noch nicht mal das Plüschsofa ins Nachbarzimmer verbannt werden.

Einen Akkordeonspieler hat auch Die Kleine Kapelle in ihrer Reihe, zwar keine Balalaika, aber dafür gleich zwei Trompeten und einen echten Kontrabaß. Und wer Die Kleine Kapelle schon live erlebt hat – ob auf einem Straßenfest oder in einem Club – weiß, daß er sich bei südamerikanischer Rumba, Tango und Polka keine Sorgen um ein steifes Tanzbein machen muß. Das wird alles noch mal schöner durch die bezaubernde Stimme von Catherine Grigull, die, egal ob es sich um italienische Liebeslieder, französische Chansons oder selbstgeschriebene deutsche Lieder handelt, immer auch einen Hauch kühle Verführung einfließen läßt.

Mit Der Liebe Wellenschlag wäre auch hier der Beweis angetreten, daß Die Kleine Kapelle nicht nur auf der Bühne Spaß macht, sondern auch zuhause für wohlig-beswingte Stimmung sorgt. Wäre da nicht ein lästiger Ärger um bestimmte Urheberrechte. Denn Die Kleine Kapelle spielt den einen oder anderen Schlager oder Klassiker der eleganten Tanzmusik nach, und nicht alle Rechte-Inhaber sind bereit, ihre Kompositionen dafür freizugeben. Nun darf die Frage gestattet sein, was bei einer Auflage von gerade mal 500 CDs, die noch dazu größtenteils auf Konzerten verkauft werden, eine solche kategorisch-ablehnende Haltung rechtfertigt. Charmant sind die Neuinterpretationen allemal – und so bleibt dem Interessenten nur der Weg über die Website der Band, um in den Genuß von Der Liebe Wellenschlag zu kommen.

Marcus Peter

Weiteres unter www.apparatschik.com und www.kleinekapelle.de

 
 
 
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