Ausgabe 07 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Streit um Berliner Wahlalternative

Bei der „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" (WASG) in Berlin gibt es seit mehreren Wochen einiges Gezerre. Denn ein Teil der Berliner Mitglieder unterstützt das Volksbegehren zur Absetzung des Berliner Senats. Sie halten diese Initiative für erfolgversprechend und wollen mit der WASG an den nächsten Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus teilnehmen. Der Bundesvorstand des erst kürzlich gegründeten Vereins WASG aber lehnt dies ab und betont die Ausrichtung auf die nächsten Bundestagswahlen; Beteiligungen an Landtagswahlen stünden bisher nicht auf der Agenda, heißt es.

Ganz satzungsgemäß setzte der Bundesvorstand einen Landeskoordinator für Berlin ein. Dies lehnten aber die meisten Berliner WASG-Aktiven ab. Der neue Landeskoordinator Lothar Nätebusch, heute IG Bau, früher DKP, war vorher nicht aktiv bei der Wahlalternative in Berlin gewesen. Am 29. Juli verließ er den offenen Arbeitsausschuß unter Protest, da seinem Anspruch auf alleinige Gestaltungsmacht beim Aufbau des Berliner Vereins dort mehrheitlich eine Absage erteilt wurde. Daraufhin wählten die zurückgebliebenen Berliner Mitglieder einen Koordinierungsausschuß, der im Gegensatz zu Nätebusch die Gründung eines Landesverbands bereits im September vorbereiten will.

Der weiterhin schwelende Konflikt wird zur Zeit durch das Phänomen Montagsdemo überdeckt. Nätebusch sprach in einem Infobrief von „erheblichem Schaden" durch das Verhalten bestimmter Berliner Aktivisten. Die wiederum geißelten das Vorgehen des Bundesvorstandes als „undemokratisch und autoritär". Eine weitere Gruppe Berliner Aktiver sitzt anscheinend zwischen beiden Stühlen und rief in einer ausführlichen Analyse der Situation dazu auf, den Konflikt beizulegen.

Generell ist der Streit aber Ausdruck zweier Lager innerhalb der gesamten WASG und der Frage, wie „links" die zukünftige Partei werden soll. Ein klassisch sozialdemokratisch-gewerkschaftsnahes Lager spielt mit dem Gedanken, mit der PDS zu kooperieren, und freut sich auf den SPD-Politiker Oskar Lafontaine. Dem gegenüber steht ein undogmatischer Flügel, der linkssozialpolitischen und globalisierungskritischen Strömungen nahesteht und ­ besonders in Berlin ­ eine Kooperation mit der PDS ablehnt.

Lorenz Matzat

Informationen unter www.wahlalternative.de und www.berliner-wahlalternative.de

 
 
 
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