Ausgabe 05 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Noch immer kein Freies Radio in Berlin?

Wird es im Berliner Äther bald eine Frequenz geben, über die ein freies, nicht-kommerzielles Radio senden kann? Die Berliner Radiokampagne zumindest setzt sich seit Jahren mit guten Argumenten und professioneller Lobbypolitik dafür ein. Kürzlich lud sie gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung zu einem Hearing unter dem provokativen Titel: „Berlin – Metropole oder kommunikative Provinz?"

Ermutigung bekamen die Berliner Radiomacher aus der „kommunikativen Provinz": „Auch bei uns dauerte es lange, bis wir auf Sendung gehen konnten", meinte Thomas Kupfer vom Radio Corax aus Halle. Auch Sven Thiermann vom Bundesverband Freier Radios meinte, es sei Zeit, daß Berlin sich dem bundesweiten Trend anpasse. Bei der Veranstaltung stellten sich verschiedene Berliner Radioprojekte vor, die teilweise mangels eigener Frequenz ins Internet ausgewichen sind. Doch die Vertreter aus der Politik schienen unbeeindruckt. Der Vorsitzende des Medienrats Berlin-Brandenburg Ernst Benda empfahl der Radiokampagne, mit dem Offenen Kanal zu kooperieren. Außerdem könne sie sich natürlich um eine freie Frequenz bewerben. „Da haben wir natürlich als nicht-kommerzielles Konzept keine Chance", so die Einschätzung einer Vertreterin der Radiokampagne.

Der medienpolitische Sprecher der Berliner CDU Michael Braun sprach frei nach Mao von den 1000 Blumen, die blühen sollen. Einer klaren Positionierung zu einem Freien Radio in Berlin wich er allerdings aus. Er wisse auch nach dieser Veranstaltung noch nicht, was das Besondere eines Freien Radios sei. Von der Berliner SPD-PDS-Koalition war niemand eingeladen. Dabei hatten die in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, daß die „Förderung eines nichtkommerziellen Lokalfunks wünschenswert" sei. Allerdings ist von einer entsprechenden Gesetzesinitiative noch nichts bekannt. Eine Radioinitiative will nicht mehr länger warten. Das Piratenradio funk-the-system will jetzt jeden Freitag um 18 Uhr die UKW-Frequenz 95,2 besetzen.

Peter Nowak

Foto: Archiv

 
 
 
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