Ausgabe 05 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Vivantes laviert

Keine wirklich neuen Vorschläge gibt es von der Vivantes-Geschäftsführung für die Sanierung der Krankenhausgesellschaft. Das Unternehmen mit 14000 Angestellten gehört dem Land Berlin und ist mit 217 Millionen Euro verschuldet. Letztes Jahr fuhr es über 29 Millionen Euro Verlust ein (s. scheinschlag 2/04). Ende Mai soll der Aufsichtsrat des Unternehmens ein neues Sanierungskonzept der Geschäftsführung unter Wolfgang Schäfer absegnen. Das im März vorgelegte Konzept hatte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) als unzureichend abgelehnt.

Ein mit Unternehmensberatern von McKinsey erstelltes neues Konzept will Vivantes nun bis 2008 auf Gewinnkurs bringen. Allerdings müßte es dafür seitens des Senats zu einer Entschuldung kommen. Nach dem Konzept werden schrittweise 1800 Vollzeitstellen abgebaut, die Angestellten verzichten schon dieses Jahr auf Weihnachts- und Urlaubsgeld und bekommen geringere Gehälter. Die Patienten sollen kürzer in den Krankenbetten verweilen, die Labore und Operationssäle intensiver ausgelastet werden. Schließungen und Umwandlungen einiger Kliniken des Unternehmens werden nicht ausgeschlossen. Ausgerechnet das Klinikum Prenzlauer Berg soll in eine Poliklinik umgewandelt und die stationäre Behandlung auf andere Häuser verlagert werden ­ obwohl gerade dieses Krankenhaus im vergangenen Jahr am wirtschaftlichsten betrieben wurde und knapp 5 Millionen Euro Gewinn machte.

Die Opposition spricht von „Mißmanagement", sie fordert den Rücktritt der Geschäftsführung. Schäfer hätte nur zögerlich die anhaltenden Verluste eingeräumt und so über ein halbes Jahr notwendige Schritte hinausgezögert. Deutlicher Ausdruck der Unfähigkeit der Geschäftsführung sei, daß der Wirtschaftsausschuß des eigenen Unternehmens dauerhaften Beistand durch Unternehmensberater gefordert hatte.

Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) kündigte Hilfe vom Land an, um Pleite und Privatisierung zu verhindern. Auch der Finanzsenator stellte bei Vorlage eines tragfähigen Konzepts finanzielle Hilfe in Aussicht.

Nebulös bleiben die Stellungnahmen der zuständigen Gewerkschaft ver.di, die dem Notlagentarifvertrag noch zustimmen muß. Der Unmut in der Belegschaft ist angesichts drohender Kürzung hoch, aber von Arbeitskampf spricht ver.di nicht. Offenbar will die Gewerkschaft den Kürzungen zustimmen, um eine drohende Insolvenz abzuwenden. Aktivisten in den Krankenhäusern, die sich außergewerkschaftlich um Widerstand bemühen, befürchten, daß der Gesamtbetriebsrat eine Versammlung aller Beschäftigten am 3. Juni für die Einstimmung auf Lohnkürzungen nutzen will.

Lorenz Matzat

> Beschäftigte im Gesundheitsbereich und Interessierte, die sich am Widerstand gegen die Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen in den Vivantes-Krankenhäusern beteiligen wollen, können sich beim Arbeitskreis „Gesund und munter" melden. gesundundmunter04@yahoogroups.de

 
 
 
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