Ausgabe 04 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

„Wir wollen nicht verrückt gemacht werden"

Die Münder der fünf Männer waren mit Pflaster verklebt, als sie am Nachmittag des 15. April den Garten der forensischen Klinik in Berlin-Buch betraten. Damit protestierten sie gegen die Verweigerung einer Pressekonferenz am Vormittag des gleichen Tages. Eingeladen hatten 45 Patienten, die sich seit mehreren Monaten gegen die für den Herbst 2004 geplante Verlegung in die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in Berlin-Wittenau wehren.

„Wir leben seit Jahren in der geschlossenen Abteilung der Klinik, können also mit unseren Anliegen nicht nach draußen gehen. Also haben wir die Pressevertreter zu uns eingeladen", erklärte der Patientensprecher Oliver Baumann telefonisch. Direkt mit ihm reden konnten die Journalisten nicht. Die Pressekonferenz nämlich war von der Klinikleitung untersagt worden. Sie will weiterhin allein entscheiden, wer Zugang zur Klinik hat. Pressekonferenzen sind nicht vorgesehen.

Damit eskalierte eine seit Wochen schwelende Auseinandersetzung zwischen Patienten und Klinikleitung. Mit offenen Briefen und Beschwerden hatten die Patienten bislang klinikintern ihren Protest artikuliert, bevor sie nun an die Öffentlichkeit gingen.

Die Patienten wehren sich gegen einen in ihren Augen „sinnlosen und logistisch extrem aufwendigen" Umzug, heißt es in einer „Beschwerde gegen Zwangsverlegung", die von den 45 Insassen unterschrieben wurde. Auch würde der Umzug sehr teuer kommen, erklärten sie. Offiziell begründet wird die geplante Verlegung als Sparmaßnahme.

Durch den Umzug, so befürchten die Patienten, würde sich ihre Lebenssituation dramatisch verschlechtern. Statt wie bisher in Einzelzimmern sollen sie in Zweibettzimmern untergebracht werden. Der Umzug und die veränderten Verhältnisse könnten Therapieerfolge in Frage stellen, befürchtet Patientensprecher Baumann.

Klinikchef Klaus Kreuzberg erklärte auf Nachfrage, er als Beamter des Landes Berlins könne keine Erklärung zu den Patientenprotesten geben und verwies auf die Pressestelle der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz. Dort war man zu keiner Stellungnahme bereit.

Ein Bündnis, an dem u.a die Irrenoffensive und der Landesverband der Psychatrieerfahrenen Berlin/Brandenburg beteiligt sind, will die Patienten unterstützen.

Peter Nowak

 
 
 
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