Ausgabe 02 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Generation XY im Folterkeller

Es wird ja viel über Politik diskutiert an unseren Theatern, im „Streitraum" der Schaubühne oder in den Salons der Volksbühne. Wie aber zeitgenössisches politisches Theater aussehen könnte, ist da schon weniger klar. Eine mögliche Antwort kommt jetzt aus Italien. Fausto Paravidino, 1976 in Genua geborener Schauspieler und Dramatiker, hat bereits mit zwei Stücken auf die gewalttätigen Auseinandersetzungen während des G 8-Gipfels in seiner Heimatstadt reagiert. Peanuts (Noccioline) heißt das Stück, das jetzt im Studio des Gorki Theaters Premiere hat und das auch schon Bühnen in Kassel, Jena, Karlsruhe und Graz auf den Spielplan gesetzt haben.

Daß sich die Dramen wieder im Wohnzimmer abspielen, ist man seit den neunziger Jahren gewohnt. Auch Paravidinos Peanuts ­ der Titel spielt auf die Comicfiguren von Charles M. Schulz an, denen die Charaktere nachgebildet sind ­ führt zunächst in eine Luxuswohnung, die von Buddy gehütet wird. Dort findet sich seine Freundesclique ein, allesamt Wohlstandskinder der Generation XY. Es wird gestritten und gefeiert, bis alles in Bruch geht. So weit, so bekannt aus vielen Stücken. Doch dann setzt Paravidino noch eins drauf: Zehn Jahre später treffen sich die Protagonisten wieder: im Folterkeller eines autoritären Staates. Aus den Kindern der Spaßgesellschaft sind Täter und Opfer geworden ­ und Buddy ist in dieser Diktatur ein besonderes Schwein. Fausto Paravidinos drastische und wohl auch etwas holzschnittartige Parabel wird im Gorki Theater als Koproduktion mit der Universität der Künste gezeigt, Volksbühnen-Schauspieler Bruno Cathomas führt Regie.

hb

> „Peanuts" von Fausto Paravidino im Gorki Studio, Am Festungsgraben 2, Mitte, Premiere am 29. Februar um 20 Uhr, weitere Vorstellungen am 6., 7., 19. und 20. März, www.gorki.de

 
 
 
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