Ausgabe 01 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Kunst über Mode


Foto: Promo

Mode in Berlin? Ein Unding! Es sind doch so viele stolz darauf, daß Berlin als Modemuffelstadt gilt. Obwohl das nicht stimmt, da jede Szene hier bestimmte Modecodes, die zwar kaum mit teuren Labels verbunden sind, einhält. Trotzdem wird Mode recht selten in einem größeren Rahmen theoretisch reflektiert und hat ein eher schlechtes Image. Mode wird in dieser Sinnkrise oft zur Kunst aufgewertet, und Ausstellungen wie die Berlin Biennale von 1998, an der einige Berliner Modemacher beteiligt waren, unterstützen diese Tendenz.

Konsequenter gehen da die Kuratorinnen Nina Hein und Anne Lokken in ihrer Ausstellung Trendvision vor, wenn sie nach den Schnittstellen zwischen Mode und Kunst fragen, ohne bei den ausgewählten Arbeiten einen Pullover zum Kunstwerk zu erheben, nur weil die Naht doppelt genäht wurde. Im Gegenteil, die meisten der 20 Künstler aus neun Ländern greifen die Mode ausschließlich als Anregung für ihre Kunstwerke auf, so zum Beispiel die Künstlergruppe Treuka, die ein großformatiges Wandbild geschaffen hat. Oder Anne Dettmer, die unzählige Schnüre parallel zwischen Nägeln spannt und so Wandreliefs von Kleidungsstücken erschafft, die auch in der Materialität der Mode verbunden sind. Bettina Saul überrascht mit ihren fetischisierten Unterwäscheobjekten und dem wunderschönen Titel „Von der Vorstellung des Vergnügens sich beim Tragen einer Unterhose diese mit Sand zu füllen".

Die Ausstellung zeigt weniger, wie sehr die Kunst die Mode beeinflußt, als vielmehr, wie sehr Mode die Kunst beeinflussen kann, aber das mit lustvollem und anregendem Esprit. Vielleicht wird Berlin nie eine internationale Modestadt ­ aber eine Stadt, in der sich manche Leute ernsthafte Gedanken über Mode machen.

Spunk Seipel

> „Trendvision" im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, bis 29. Februar, Di bis So von 12 bis 19 Uhr, Eintritt frei

 
 
 
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