Ausgabe 01 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Frische Geldquelle

Die Wasserwirtschaft wird auf Kosten der Verbraucher privatisiert

Die Mitte Dezember vom rosa-roten Senat zügig durchgewinkte Anhebung der Wasserpreise um schlappe 15 Prozent hat bisher nur wenig Protest hervorgerufen. Den Griff in ihre Taschen dürften viele Berliner auch erst im Jahr 2005 bemerken, dann nämlich, wenn ihnen vom Vermieter die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2004 präsentiert wird. Das ist bedauerlich, denn die Erhöhung der Wasserpreise ist ein schönes Beispiel dafür, wie von der vielgelobten Privatisierung öffentlicher Versorgungseinrichtungen vor allem Großinvestoren profitieren. Sie zeigt zudem, daß die von Schulden geplagte Landesregierung den Haushalt lieber auf dem Rücken der Bewohner konsolidiert, als sich mit renditeorientierten „Partnern" anzulegen.

Grundlage der Wasserpreiserhöhung ist ein Privatisierungsvertrag, durch den im Jahre 1999 49,9 Prozent der landeseigenen Berliner Wasserbetriebe für 1,7 Mrd. Euro an ein privates Konsortium unter der Führung des Energiekonzerns RWE verkauft wurden. Von unternehmerischem Risiko, mit welchem die Top-Manager hierzulande ja gern ihre aberwitzigen Gehälter rechtfertigen, konnte bei dieser Transaktion keine Rede sein. Vielmehr wurde den Investoren im Vertrag eine garantierte jährliche Rendite zugesagt, deren Höhe der Öffentlichkeit aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht bekannt ist; informierte Kreise sprechen von einer Kapitalverzinsung, die bei 9 Prozent liegen soll. Somit ergeben sich dreistellige Millionenbeträge, die jährlich von der damals gebildeten Berlin Wasser Holding AG erwirtschaftet werden müssen. Sollten die Gewinne mal etwas bescheidener ausfallen, haftet die öffentliche Hand für die garantierte Rendite der Privatinvestoren. Da aber Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), der selbst im Aufsichtsrat der Holding sitzt, kein Geld hat und sich die Renditewünsche von RWE & Co. letztes Jahr nicht realisieren ließen, gilt die Erhöhung der Wasserpreise als notwendiges Mittel zur Steigerung der Gewinne. Weitere Preiserhöhungen sind bereits angekündigt.

Außerdem muß das Land Berlin zugunsten der Investoren auf einen Großteil seines Anteils an den im letzten Jahr erwirtschafteten Gewinnen verzichten. Es soll sich hierbei um einen Betrag von über 50 Mio. Euro handeln ­ Geld, das die öffentliche Hand gut gebrauchen könnte, um den sozialen Kahlschlag in der Stadt etwas abzumildern. Würde der Senat aber auf seinen Gewinnanteilen bestehen, müßten die Wasserpreise um fast 30 Prozent angehoben werden, damit die Konzerne ihre garantierte Rendite einstreichen können.

Bei einer derart „geglückten" Teilprivatisierung kann man froh sein, daß es keine städtischen Monopolbetriebe mehr gibt, die noch zu privatisieren wären. Andererseits wäre eine vollständige Privatisierung der Wasserbetriebe wohl der ehrlichere Weg – dann wüßten die Verbraucher zumindest, wer ihnen das Geld aus der Tasche zieht.

Thorsten Friedrich

 
 
 
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