Ausgabe 07 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

leserbrief

Zu „Überrumpelt", dem letzten Teil der Hartz-Serie, in scheinschlag 6/03

Wäre Berit von Kurnatowski etwas mehr in die Tiefe gegangen und hätte sich mal die Forderungen des BDI-Präsidenten vor der Bundestagswahl vergegenwärtigt, wären ihr sicher einige Zusammenhänge klarer geworden.

Rogowski forderte „mutige Schritte" von der Regierung: Abkehr von der Tarifautonomie und dem Kündigungsschutz, die Mitbestimmung und Versicherungspflicht für geringfügig Beschäftigte müßten eingeschränkt und ein subventionierter Niedriglohnsektor eingeführt werden. Weiterhin forderte er die Absenkung der Arbeits- und Sozialhilfe, Reduzierung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherungen, Heraufsetzung des Rentenalters, Absenkung der Rente, mehr Konkurrenz in der Bildung sowie Studiengebühren.

Die Regierung hat gut gearbeitet. Mit dem kleinen Umweg über Hartz- und Rürup-Kommissionen, die de facto eine Entmachtung des nach Grundgesetz eigentlich zuständigen Parlaments darstellen, wurden die Ansprüche der Industrie erfüllt. Die Krise, verursacht durch mangelnde Nachfrage, wird allerdings dadurch nicht gelöst. Die Leute müssen kaufen und wegwerfen, sonst funktioniert das nur auf Wachstum gerichtete System nicht.

Übrigens bin ich nicht der Meinung, und sicher die Mehrheit der Leser auch nicht, daß Politiker faul und dumm sind. Sie haben in der Regel sehr viel zu verlieren und besitzen die ausgeprägte Gabe zum strategischen Denken, sowie fast so gute psychologische Kenntnisse wie Werbestrategen, um ihre Politik zu verkaufen und Sie zu dem Satz zu bewegen: „ ... daß die Arbeit der Hartz-Kommission auf der Hoffnung fußte, der Allgemeinheit Gutes zu tun, aber ..."

Übrigens, für das „aber" ist dann die freie Presse zuständig!

Susanne Traberth

 
 
 
Ausgabe 07 - 2003 © scheinschlag 2003