Ausgabe 05 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Der ultimative Compilation-Check

Im direkten Vergleich:

1. Leben2 (Smm)

2. Hinterzimmer_Pop (Pop-up-Label)

3. Caipilation (Polymedia)

Titel

1. Leben2 ­ klingt nach einer Mischung aus Ikea und Margarine ­ aufregend ist was anderes.

2. Hinterzimmer_Pop ­ hat was von einem großen Versprechen ­ aber warum nur der Unterstrich?

3. Caipilation ­ halb originelles Wortspiel: nicht wirklich komisch, nicht wirklich blöd.

Covergestaltung

1. Eins A Berlinklischee: Fernsehturm im Hintergrund und davor zwei Humana-Gestylte auf einem Dach vom Plattenbau beim Grillen ­ wenn es wenigsten schick inszeniert wäre.

2. Im sanften Rot glitzert eine Discokugel auf abgeschliffenem Holzfußboden vor einer CD-Sammlung, ja wirklich: kein Vinyl weit und breit ­ absolut lässig.

3. Seventies-Tapetendesign im Zitronen-Look ­ sparsam, aber gut.

Inhalt

1. Deutsch-Pop von Hamburger Schule bis Berliner Hipness. Die Songs und Bands sind nicht immer ganz neu und wohl allseits bekannt, als da wären Die Sterne und Paula, deren Liedgut schon seit ein paar Jahren rotiert. Neueres ist auch dabei wie von Mia und Wir Sind Helden. Insgesamt fast alles Sachen, die auf Fritz schon rauf- und runterliefen. Einige der Songs unterschreiten dabei deutlich die Geschmacksgrenze.

2. Auch hier fast nur deutsche Bands, aber unbekannte ­ und mit deutlichem Schwerpunkt auf Elektronik. Die kommt intelligent verknotet und rafÞniert angerichtet daher. Wenn es wie bei Stuertz, Erdmöbel und Phil Stumpf originelle und charmant witzige Vertextungen gibt, staunt man schon über die schnodderige Eleganz von Hinterzimmern. Natürlich gibt es auch ein paar Ausrutscher, aber so richtig daneben liegt kein Song.

3. Was soll's: Das ist Sommermusik. Lockere Lounge-Klänge, trippiger Hüftschwung zwischen NuJazz und Latin ­ egal ob nun Samba oder Bossa ­ die Songs verbreiten gute Laune. Versammelt sind Bands unter anderem aus England, Frankreich und Norwegen ­ auch das ein hübscher Überblick.

Fazit

1. Tja, Überraschungsmomente gibt es auf Leben2 keine, und trotzdem macht die Zusammenstellung Spaß. Sie trifft ein Lebensgefühl, das manchmal allerdings auch nervt und an einigen Stellen arg an dem Cabinet-Ostberlin-Ding (2-Raumwohnung) aufgehängt ist. Wer noch was auf diesem musikalischen Gebiet nachzuholen hat oder für jüngere Geschwister in Westdeutschland mal ein Tape aufnehmen will, für den ist das die Scheibe.

2. Hinterzimmer_Pop ist eine Entdeckungsreise fern ab von Mainstream und Radiorotation und trotzdem kein langweiliger elektronischer Kopfstand. Alles frisch und unverbraucht mit Songs, die Potential für das Specialmoment auf Parties haben ­ das meiste ist nämlich auch noch tanzbar.

3. Wird sie nicht und trotzdem könnte Caipilation DIE Hintergrundmusik für die leckeren Cocktailsbars und die coolen Draußen-Bars in versteckten Hinterhöfen werden. Aber auch bei offenem Fenster in der eigenen Wohnung: absolut geschmackssicher und souverän. Funktioniert bei Sonnenschein und Gewitter.

Marcus Peter

 
 
 
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