Ausgabe 05 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Kurznachrichten

zwangspflicht

Damit man sich schon einen neuen Job suchen kann, während man noch arbeitet, tritt ab 1. Juli die frühzeitige Meldepflicht beim Arbeitsamt in Kraft (siehe scheinschlag 3/03). Um keine Abzüge vom erhofften Arbeitslosengeld in Kauf nehmen zu müssen, darf man sich jetzt bereits in die Ämterschlange einreihen, sobald man gekündigt wurde. Bei befristeten Arbeitsverträgen muß man den Vermittlungsservice bereits drei Monate vor Vertragsablauf in Anspruch nehmen. Eine „Pflichtverletzung" kostet übrigens zwischen 7 und 50 Euro täglich, je nach Höhe der Bezüge, wird aber höchstens auf 30 Tage angerechnet. Der Arbeitgeber, der keiner mehr sein will, soll die Gekündigten über die Meldepflicht informieren und sie sogar für die Stellensuche und Behördengänge freistellen.

zeugnispflicht

Eine vom Bezirksamt in Auftrag gegebene Sprachstandserhebung bei Vorschulkindern in Mitte kommt zu dem Ergebnis, daß über 70 Prozent der Kinder nichtdeutscher Muttersprache einer intensiven Förderung bedürfen. Bei deutschsprachigen Kindern beträgt dieser Anteil 10 Prozent. Türkisch- oder Arabisch-Kenntnisse wurden nicht abgefragt. Integration ist eben ein sehr einseitiger Begriff. Jetzt sollen konkrete Maßnahmen gegen die mangelnde Sprachkompetenz in Angriff genommen werden. Was immer das heißen mag.

wahlpflicht

Nachdem Studenten vor einigen Jahren ­ mit offensichtlichem Mißerfolg ­ versuchten, die FDP zu unterwandern, könnte jetzt die SPD mit Zuwachs rechnen. Eine Internet-Kampagne ruft alle Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger und andere von der Agenda 2010 Betroffenen auf, der Partei beizutreten, um die nötigen 10 Prozent für das Mitgliederbegehren gegen den weiteren Sozialabbau zu erreichen. Nach Abschluß der Initiative werden die Neu-Mitglieder netterweise sogar per E-Post an ihren Austritt erinnert, damit sie nicht länger als nötig den Mitgliedsbeitrag von 2,50 Euro pro Erwerbsloser zahlen müssen. Kontakt: www.mein-mitgliederbegehren.de.

mannespflicht

An den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Arbeiteraufstands vom 17. Juni 1953 werden in diesem Jahr Gruppierungen teilnehmen, von denen es keiner erwartet hätte. So haben die deutschen Burschenschaften überraschend ihre Liebe zum Proletariat entdeckt. Die Berliner Gothia-Burschenschaftler werden am 17. Juni am Mauermahnmal einen Kranz niederlegen. Auch der Dachverband der Burschenschaften mobilisiert zur Kranzniederlegung und zu einem sogenannten „Festkommers" zum selben Thema am 20. Juni. Protestieren wollen antifaschistische Unigruppen von der FU (Hummel-Antifa, unabhängige Antifa an der FU). Wer die Antifa unterstützen möchte, wende sich per Mail an: verbindungen-kappen@gmx .net.

präsenzpflicht

Bereits zum zweiten Mal finden von 13. bis 15. Juni im Mehringhof (Gneisenaustr. 2a, Kreuzberg) die „Linken Buchtage" statt ­ eine gute Möglichkeit, sich kompakt darüber zu informieren, was hierzulande noch übriggeblieben ist an kritischen, unabhängigen Medien und Verlagen. Berliner Teilnehmer sind u.a. die Verlage Basis-Druck und b_books, die Zeitschriften Gegner und Gigi. In Lesung und Diskussion zu erleben sind neben vielen anderen Robert Kurz, der zum Thema „Weltordnungskrieg" spricht und Gerd Dembowski, der das Buch Alles Pop? Kapitalismus und Subversion vorstellt; und FAZ-Redakteur Dietmar Dath darf in seiner Freizeit über „Kommunistisches" referieren.

termine

> In der Reihe „Mediengespräche" vergleichen Journalisten die Irak-Berichterstattung in westlichen und arabischen Medien. „Kriegsberichterstattung – Konstruktion und Kontrolle von Realität" am 17. Juni um 19 Uhr im Foyer der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, Tiergarten.

> Die Auswertung der Erfahrungen der Spanischen Revolution für aktuelle Initiativen vespricht eine Lesung und Diskussion mit dem Durruti-Biographen Abel Paz am 19. Juni im Ausland, Lychener Straße 60, Prenzlauer Berg.

> Am 23. Juni um 19.30 Uhr veranstaltet die Initiative „anders arbeiten - oder gar nicht?!" eine Diskussion zum Thema „Terror der Arbeit. Zur Kritik der autoritären Arbeitsgesellschaft" im Kato, im U-Bahnhof Schlesisches Tor, Kreuzberg.

scheinschlag stellt

richtig: Im Interview mit Margit Werkmeister (scheinschlag 4/03), Pförtnerin der Kunsthochschule Weißensee, kam es durch sorgloses Kürzen zu einem Fehler. Frau Werkmeister erwartet für eine Wohnungsvermittlung keineswegs als Gegenleistung, daß Studenten ihrem Mann in der Werkstatt helfen. Es kommt lediglich vor, daß Studenten durch den persönlichen Kontakt mit der Pförtnerin auf die Idee kommen, ihre Autos bei deren Mann in der Werkstatt reparieren zu lassen. Wir bitten, die falsche Darstellung zu entschuldigen.

scheinschlag sucht

weiterhin Leute, die über Stadtentwicklung und Stadtpolitik schreiben können und wollen: Bezirkspolitik von oben wie von unten, Stadtentwicklungstendenzen, außergewöhnliche Kulturprojekte und den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion: fon 28599063, e-post info@scheinschlag.de

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Redaktionstreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, dem 14. Juni 2003, um 14 Uhr statt.

scheinschlag lädt aus

Die in der letzten Ausgabe angekündigte Fotoausstellung „12 Jahre, 24 Stunden scheinschlag" wird auf unbestimmte Zeit verschoben.

 
 
 
Ausgabe 05 - 2003 © scheinschlag 2003