Ausgabe 04 - 2003 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

Rot, röter, Rosa

Viel Profil hat die PDS in der rot-roten Koalition bis jetzt nicht zeigen können oder wollen. Da kann es nicht schaden, wenigstens auf der symbolischen Ebene Zeichen zu setzen, in diesem Fall ein „Denkzeichen". In den Koalitionsverhandlungen, in denen sich die Partei der angeblich irgendwie sozialistischen Demokraten im übrigen ziemlich über den Tisch hat ziehen lassen, wurde immerhin die Errichtung eines Rosa-Luxemburg-Denkzeichens auf dem gleichnamigen Platz vereinbart.

Das nahm die Öffentlichkeit als kleines Zugeständnis bzw. als Marotte hin; einige Kommentatoren konterten mit dem Hinweis, daß Berlin bereits über eine Reihe von Denkzeichen für die 1919 ermordete „Spitzenpersönlichkeit der europäischen Linken" (Willy Brandt) verfüge. An der Corneliusbrücke in Tiergarten wurde schon vor Jahrzehnten eine Gedenktafel angebracht; auf dem Friedhof in Friedrichsfelde wird ihrer in der „Gedenkstätte der Sozialisten" gedacht; und auf der Bundesallee in Wilmersdorf steht seit 1991 eine Rosa Luxemburg gewidmete Arbeit des israelischen Künstlers Igael Tumarkin. Zudem, so ein weiterer Einwand, sei der Platz, der keinen Bezug zur Biographie Rosa Luxemburgs aufweise, nicht unbedingt der richtige Ort für das zentrale Denkmal. Kultursenator Thomas Flierl sieht gerade in diesem Umstand einen Vorteil: „Am Platz vor der Volksbühne entfällt jede auratische Bindung an den Ort des Verbrechens und der Grablegung."

Nun wird es langsam ernst. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur lädt zum Wettbewerb „Denkzeichen Rosa Luxemburg" und geht mit einer Ausstellung im Pavillon auf dem Platz und einem Wochenende voll mit Veranstaltungen zum Leben Rosa Luxemburgs und zur Geschichte des Platzes, der auch schon mal Bülow- und Horst-Wessel-Platz hieß, in die Offensive. „Rosa Luxemburg. Ein Platz. Ein Zeichen", das „Wochenende der kulturellen Annäherung" vom 9. bis zum 11. Mai ist für die potentiellen Teilnehmer eine gute Gelegenheit, sich vorab von kompetenter Seite über den Kontext zu informieren. Wolfgang Kil informiert über die Pläne der Architekten Levin und Monsigny für die Platzgestaltung, Walter Jens liest seinen Text „Weder Poetin noch Petroleuse", das Babylon zeigt Filme zum Thema.

Die Idee, ein Luxemburg-Denkmal auf dem gleichnamigen Platz zu errichten, hat bereits eine längere Vorgeschichte. Schon 1974 beschloß das Politbüro die Errichtung einer „überlebensgroßen plastischen Figur mit figürlichen Reliefs zur Geschichte der Arbeiterbewegung"; seit 1998 fordert ein Initiativkreis, mit Rückendeckung des Bezirks Mitte, ein „Zeichen für Rosa Luxemburg". „Jede Zeit hat versucht, diesen Platz symbolisch zu besetzen", heißt es im Programm des Luxemburg-Wochenendes. Die Geschichte geht weiter.

hb

 
 
 
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