Ausgabe 11 - 2002 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Planung hirnlos

Für den Umbau des S-Bahnhofs Ostkreuz gibt es bereits Mammutplanungen (s. scheinschlag 9/02), nun kommen Details über die Zukunft des umliegenden Kleinidylls ans Tageslicht. So soll die Neue Bahnhofstraße wieder Durchfahrtsstraße und die Einbahnstraßenreglung abgeschafft werden – bisher wird der Verkehr am Wohngebiet vorbei über die Kynastbrücke entlang der S-Bahngleise gelenkt, was den Lenbachplatz vom Durchgangsverkehr bewahrt. Das neue Verkehrskonzept findet sich gut verpackt in einem von der BVV beschlossenen Optionenpaket verkehrsberuhigender Maßnahmen, obwohl es das genaue Gegenteil bewirken wird.

Wo die Revaler Straße am Umspannwerk in eine Grünfläche mündet, soll zweispurig „durchgebrochen" werden. Nach einer „Steilkurve" hinterm Lenbachplatz ist man am neuen Hauptverkehrsknoten, Ecke Boxhagener/Neue Bahnhofsstraße. Der „Stadtumbau Ost" spendiert den Asphaltbelag, den Rest ­ man spricht von 400000 Euro ­ müßte das Land aufbringen.

Es ist, als rufe die jüngst stolz eröffnete Modersohnbrücke nach mehr Straßenverkehr. Drei Jahre ist man ohne sie ausgekommen, und der Verkehr fließt bislang etwas kleckrig. Die dennoch zu verzeichnende Zunahme wird von einigen Bewohnern des Boxhagener Kiezes bei passender Gelegenheit eifrig beklagt, was vom Bezirk als willkommene Einladung zum umstrittenen Straßenneubau genutzt wird. Es scheint, als wolle man dem künftigen Kommerz am Revaler Dreieck einen asphaltenen Teppich auslegen.

Die Senatsverwaltung lehnt das Vorhaben ab, mit der Begründung, daß dies den familienfreundlichen Sanierungszielen am Ostkreuz entgegenlaufe. Denn eines ist klar: Wer Straßen säht, wird Verkehr ernten.

Rund ums Ostkreuz kursieren Flugblätter, auf denen zum Protest aufgerufen wird. Man sieht nicht ein, das jahrzehntelang bewährte Verkehrssystem aufzugeben und ein verkehrsberuhigtes Wohngebiet einer Idee unterbeschäftigter Tiefbauämtler zu opfern. Hoffnung bieten nur die allgegenwärtigen Finanzierungsschwierigkeiten – schönes bankrottes Berlin?

cj

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