Ausgabe 10 - 2002 berliner stadtzeitung
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Berlin von unten gedacht

Was sich nicht rentiert, gehört eingespart. Weil dieses Prinzip nicht nur für die Privatwirtschaft, sondern auch für die Volksvertretung gilt, setzt sich Klaus Wowereit für den Vorschlag des Beamtenbundes ein, die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) in Berlin abzuschaffen. Diese würden nach seinen Worten „Phantasiehaushalte" aufstellen und „Verantwortungslosigkeit organisieren". Auf Bezirksebene brauche es keine Parlamente mit Politikern, sondern nur eine Verwaltung aus „Fachleuten".

Wie bei Rationalisierungen üblich konstituierte sich sogleich eine Betroffeneninitiative. Die Bezirksbürgermeister demonstrierten Geschlossenheit. Mit dem wenigen Geld, das der Senat den Bezirken zur Verfügung stellt, können sie gar keine „verantwortungsvollen" Haushalte beschließen. Sprachen's und gingen zum Gegenangriff über: Der Senat sei es, der künftig überflüssig werde. Besonders im Hinblick auf die Länderfusion mit Brandenburg, die nach Ansicht aller Beteiligten schon so gut wie festzustehen scheint, müsse man sich überlegen, wie die Bezirke in Zukunft organisiert werden. Berlin mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern ließe sich nicht zentralistisch verwalten, schon gar nicht zusammen mit Brandenburg. Uwe Klett, Bürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, machte den Vorschlag, Berlin in mehrere kreisfreie Städte aufzulösen.

Aus der Landes-PDS kamen Vorschläge für eine Stärkung der bezirklichen Selbstverwaltung. Berlin müsse mehr „von unten gedacht werden". Schließlich wurde schon im Koalitionsvertrag beschlossen, Voraussetzungen für die Einführung politischer Bezirksämter zu schaffen und Entscheidungsbefugnisse der BVVs im Rahmen bezirklicher Selbstverwaltung zu erweitern. Nun müsse man die Koalitionsvereinbarung „mit aller Konsequenz" umsetzen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Verwaltungsreform, Peter-Rudolf Zotl, wies darauf hin, daß nicht in den Bezirken, sondern in der „Hauptverwaltung" die meisten Kosten verursacht würden und dort auch die größten Einsparpotentiale liegen.

Machen wir doch Nägel mit Köpfen: Wozu braucht Berlin ein Abgeordnetenhaus, das seit Jahrzehnten den absurdesten Metropolenträumen nachhängt, nur Phantasiehaushalte aufstellt und dann beim Bund betteln geht? Abschaffen!

Sonja John

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  Ausgabe 10 - 2002