Ausgabe 08 - 2002 berliner stadtzeitung
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Neuanfang light

Die dritte Rettung der Kulturbrauerei

Die Kulturbrauerei ist tot – es lebe die Kulturbrauerei! Sören Birke soll als Geschäftsführer der neuen Betreibergesellschaft Consense GmbH das gebeutelte Projekt endlich in stabile Fahrwasser manövrieren. Diese Nachricht dürfte der Kulturszene im Prenzlauer Berg bekannt vorkommen, handelt es sich doch um den dritten Anlauf zur Rettung des defizitären Kunststandortes.

Der letzte Versuch endete mit dem Rücktritt des Geschäftsführers der Kulturbrauerei gGmbH Thomas Wohlfahrt, der gleichzeitig auch der Leiter der literaturWERKstatt ist. Er hatte vorgeschlagen, die beiden Einrichtungen zu fusionieren, um so die Kosten für eine Auffanggesellschaft zu sparen. Trotzdem beinhaltete sein Sanierungskonzept abgesehen von den bisher 225000 Euro aus der Landeskasse weitere 275000 Euro. Sollten diese nicht fließen, kündigte Wohlfahrt die Amtsniederlegung an. Die Würfel fielen am 28. Juni mit der letzten Lesung des Doppelhaushaltes 2002/2003. Der Plan, aus der Kulturbrauerei einen „Campus der Künste" zu machen, wurde auf Eis gelegt.

Foto: Knut Hildebrandt

Nun stehen die Zeichen wieder auf Neuanfang: Das Land übernahm den Mietvertrag, die Senatsverwaltung suchte jemanden, der den Betrieb mit 281000 Euro Zuschüssen jährlich am Leben erhalten kann und fand in der Marketingabteilung des benachbarten Soda-Clubs Sören Birke. Der 36jährige legte im August ein überzeugendes Konzept vor und leitet seit dem 21. August die neugegründete Consense GmbH. Kein leichter Job angesichts der strikten Vorgaben des Senats: Nach Wunsch des Kultursenators Thomas Flierl soll er mit seinen sechs Mitarbeitern bis Ende 2003 das Große und das Kleine Kesselhaus, die Galerie im Pferdestall und die Alte Feuerwache mit einer „Mischung aus einem gemeinnützig-alternativen und kommerziellem Kulturangebot" betreiben, bei dem über die Hälfte der Veranstaltungen förderungswürdigen Charakter haben müssen. ABM-Stellen gibt es in Zukunft keine mehr. Hat Birke Erfolg, fließt auch nach 2004 Geld vom Senat. Besonderen Wert legt die Senatskulturverwaltung laut ihrem Sprecher Torsten Wöhlert auf „schlanke und transparente Strukturen". Deshalb sind die Ex-Teilhaber der Kulturbrauerei gGmbH nur noch Untermieter ohne weiteres Mitspracherecht und deshalb schaut eine eigens gegründete Arbeitsgemeinschaft der Senatsverwaltung dem neuen Chef auf die Finger. Die Unstimmigkeiten und die mangelnde Kommunikation, über die sich Thomas Wohlfahrt noch beklagte, scheinen derweil verflogen. Alle Beteiligten bestätigen, in engem, produktivem Kontakt zu stehen. „Ich habe keinen Anlaß zur Kritik," meint Sören Birke. „Consense" – der Name will auch Programm sein.

Der Kultursenator verspricht sich einiges vom neuen Hoffnungsträger: Das neue Bewirtschaftungskonzept eröffne die Chance, die Kulturbrauerei „zum kulturellen Mittelpunkt des Bezirks und Impulsgeber für das Quartier sowie für die Berliner Kulturlandschaft" zu machen. Große Erwartungen, denn bei bisher 225000 Euro Miet- und Betriebskosten bleibt vom jährlichen Zuschuß nicht viel übrig, weshalb der neue Chef auch in erster Linie auf bewährte Konzert- und Party-Veranstaltungen setzt. Doch keine Kulturrenaissance im Prenzlauer Berg? Die nüchterne Antwort kommt aus der Senatsverwaltung selbst: „Es handelt sich um eine qualifizierte Zwischenlösung".

Jakob Kirchheimer

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