Ausgabe 09 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Kurzkultur

was ist schwul?

In der Weimarer Republik war Berlin als schwules Zentrum bekannt, Magnus Hirschfeld kämpfte um die Abschaffung des diskriminierenden Paragraphen 175. Nach dem Krieg entwickelte sich nur zögerlich neues schwules Leben. Der Homosexuellengruppe „Gesellschaft für Reform des Sexualrechts", der einzigen Berliner Schwulengruppe der fünfziger Jahre, ist derzeit eine Ausstellung des Schwulen Museums gewidmet. Die bis 1960 bestehende Vereinigung versuchte dort anzuknüpfen, wo Hirschfeld gezwungen war aufzuhören: Das zentrale Anliegen war die Abschaffung des Paragraphen 175, zu der es dann erst in den neunziger Jahren gekommen ist.

„Die Homosexuellengruppe Gesellschaft für Reform des Sexualrechts und das Berlin der 1950er Jahre", noch bis zum 18. November, täglich (außer Di) 14-18 Uhr, Sa 14-19 Uhr, Schwules Museum, Mehringdamm 61, Kreuzberg

was ist wedding?

Am 14. September wurde die vormalige Otto-Nagel-Galerie Wedding als galerie seestrasse mit der Ausstellung „Berlin Mitte Tryptichon" wiedereröffnet: Gezeigt werden Arbeiten von Geneviève Gilabert, Oliver Möst und Florian von Ploetz. Entsprechend dem Motto der Galeristen: „Kunst soll Spaß machen" (genau!) wird zu einer lustigen Schnitzeljagd geladen: Ein Such-Rate-Finde-Spiel ­ Wo ist Mitte? Was ist Wedding? Wer kennt Tiergarten? Zig Bilder zum Suchen, Entdecken, Erkennen, Wiederfinden, Raten. Wer alles weiß, kann was gewinnen. Die Preise gibt es am Ende der Ausstellung.

Noch bis zum 18. Oktober, Di bis Fr 15–19 Uhr, Sa 15–18 Uhr in der galerie seestrasse, Seestraße 49, Wedding

was ist sexy?

Zum Abschluß des zwölften Jahrgangs des Goldrausch-Künstlerinnenprojekts stellen 15 Berliner Künstlerinnen unter dem Titel „Sexy Female Art & Pumping Surprise" im Bethanien aus. Ob Titel und Ankündigungsplakat (samt güldenem Nackedei) mit den Arbeiten der Frauen etwas zu tun hat, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor: Da ist die Rede von berufsbezogenem Selbstmanagement, Analyse des urbanen Raums und der medialen Wirklichkeit, und prächtige Sätze wie „Die präsentierten Arbeiten bringen als eine Form von Lektüre der Welt das noch nicht Gesagte im aktuellen Diskurs zur Sprache." folgen aufeinander. Könnte spannend sein zu sehen, was das werden soll.

„Goldrausch", 22. September bis 14. Oktober, Di-So 14-18 Uhr, Vernissage am 21. September im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien, Mariannenplatz 2, Kreuzberg

was ist verrückt?

Die Anhänger des 1979 verstorbenen Arno Schmidt sind eine eingeschworene Gemeinde. Ende September tagt die Gesellschaft der „Arno Schmidt Leser e.V." im Berliner Literaturhaus ­ und das keineswegs unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Verhandelt werden Themen wie „Arno Schmidt als Übersetzer von John Lennon", „Nur für Verrückte. Der Steppenwolf Hermann Hesses bei Arno Schmidt" oder „Die Lagerung der Worte im Gehirn unter neurobiologischen Gesichtspunkten".

Die Gesellschaft der Arno-Schmidt-Leser e.V. tagt vom 28. bis zum 30. September im Literaturhaus, Fasanenstraße 23, Charlottenburg

was ist adäquat?

Das Kellerkino Arsenal wartet anläßlich der Andy Warhol Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie mit dem Filmschaffen des Popartisten auf. Am 2. Oktober startet die Werkschau mit dem berühmten achtstündigen Film Empire, in dem in einer einzigen Einstellung das New Yorker Empire State Building gezeigt wird. Eine adäquate Rezeption des stummen Meisterwerks wird leider nicht möglich zu sein, da DJs angedroht sind und ein durchgehender Einlaß erlaubt sein wird. Bis zum 16. Dezember folgen dann noch Filme wie Lonesome Cowboys, Blow Job und My Hustler.

„Andy Warhol – die Filme", 2. Oktober bis 16. Dezember im Kino Arsenal, Potsdamer Straße 2, Tiergarten

was ist annika krump?

Ein Chansonabend im Kino: Annika Krump alias Palma Kunkel, die sich als „singende Tellermine" empfiehlt, trägt anläßlich eines Wien-Schwerpunkts im Filmkunsthaus Babylon Chansons von Gerhard Rühm, Konrad Bayer und Andreas Okopenko vor. Unter dem Motto „Früher war ich Existentialistin, heute bin ich Handtaschenträgerin" darf man viel schwarzen Humor erwarten. Christine Reumschüssel am Flügel begleitet.

„Früher war ich Existentialistin, heute bin ich Handtaschenträgerin", am 20., 21., 27. und 28. September um 20 Uhr im Filmkunsthaus Babylon, Rosa-Luxemburg-Straße 30, Mitte

was ist kriminell?

Echte und unechte Hochstapler, einen Einbruch in der Bank, Mord im Grünen, Lösegeld-Ganoven, Serienmörder, Emil Tischbein, erschröckliche Musik, ein Gang ins Gefängnis kündigt die Vierte Moabiter Kriminale an ­ und endlich: die Erstürmung des Bundesministeriums des Inneren. Über einen Monat hinweg veranstaltet die Dorotheenstädtische Buchhandlung in der Turmstraße 15 Lesungen mit Krimi-Autoren.

„4. Moabiter Kriminale", vom 14. September bis zum 15. Oktober, Dorotheenstädtische Buchhandlung, Turmstraße 5, Tiergarten, fon 3943047

was ist musik?

Spätestens seit Cage ist die gesamte Welt der Geräusche potentiell Musik. Der Schwede Sven-Åke Johannson ist dafür bekannt, mit ungewöhnlichen Schallquellen zu musizieren. Im b-flat soll nun der Hauptlüftungspropeller in den Mittelpunkt ästhetischer Aufmerksamkeit gerückt werden. 50 Minuten lang soll der Propeller beleuchtet und mit einer speziellen Mikrophonierung hörbar gemacht werden. Danach wird die Rückkehr in die „reale, ungestörte Geräuschwelt" versprochen.

Sven-Åke Johannson: „SF, SF, SF, SF (Svenska Flät)", am 24 September im b-flat, Rosenthaler Str. 13, Mitte

© scheinschlag 2001
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 09 - 2001