Ausgabe 07 - 2001 berliner stadtzeitung
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Investorenplanung am Tacheles

In einem BVV-Beschluß wurde ein PDS-Antrag abgelehnt, das Bebauungsplanverfahren für das Gelände hinter dem Tacheles zu stoppen. Die PDS kritisierte, der Bezirk schaffe Baurecht für eine reine Investorenplanung. Massive Kritik der Fachöffentlichkeit habe gezeigt, daß am Entwurf noch grundsätzlicher städtebaulicher Diskussionsbedarf bestehe. Flächen dieser Lage und Größenordnung erforderten städtebauliche Konzepte, die eine soziale und stadträumliche Integration leisteten, wozu ein Dialog zwischen Stadt, Entwickler, Fach- und allgemeiner Öffentlichkeit unerläßlich sei. Es habe jedoch nicht mal einen städtebaulichen Wettbewerb gegeben. In der Kritik stehen sowohl der fehlende städtebauliche Bezug des Projekts zur Umgebung – indem eine selbstbezügliche gehobene Konsum- und Wohnadresse geschaffen wird, als auch die Hochpreisverwertungstrategie durch Gewerbe und ein Luxushotel. Zudem konterkarierten 850 geplante Stellplätze in Tiefgaragen sämtliche Verkehrsberuhigungskonzepte für das Gebiet.

Die Ablehnung eines Stops des Verfahrens wurde damit begründet, daß dieses schon seit 1994 in Gang sei. Die Fundamentalkritik käme zu spät. Tatsächlich gibt es seitdem einen „Aufstellungsbeschluß" für ein Bebauungsplanverfahren. Er bezog sich auf den Plan von Toni Sachs Pfeiffer „Ei des Tacheles", der später scheiterte. Zu Recht kritisiert die PDS, daß es damals um ein völlig anderes Projekt ging, mit anderen städtebaulichen Ansprüchen. Der Wohnanteil betrug über 40% (heute ca. 30%) und der Gewerbeanteil nur 30%. Das Kunsthaus sollte viel stärker einbezogen (ca. 20%) und die Wohnhöfe nicht unterkellert werden.

Stadträtin für Stadtentwicklung Dorothee Dubrau bestreitet die städtebauliche Differenz zwischen altem und neuem Entwurf. Eine grundsätzliche Kritik der Fachöffentlichkeit sei ihr entgangen. Eine Diskussion mit breitem Medienecho, bei der sich Architekturkritiker Wolfgang Kil und Architektursoziologe Werner Sewing den Entwurf als Ganzes in Frage stellten ebenso wie die durchweg negative Resonanz der Fachpresse. Dubrau beruft sich dabei unter anderem auf die Stimme des Planungsbeirats, ein Forum von Fachleuten zur Beratung der Stadträtin. Der Beirat habe, so Dubrau, zu ihrer Überraschung das Projekt begrüßt. „Davon, daß das Projekt einhellig gelobt wurde, kann keine Rede sein", sagt dazu Peter Mayer, Architekt und Mitglied des Beirats. Vor allem aber habe der Investorenentwurf als Grundlage für einen Bebauungsplan gar nicht grundsätzlich zur Disposition gestanden. Als der Beirat im Mai erstmals zum Thema gehört wurde, sei es nur noch um Detailkritik gegangen, der Investor war bereits mit anwesend. „Man kann nicht einen Plan so weit ausarbeiten und dann fragen: ,Nun sag du mal was dazu'", sagt Mayer. Dann streite man sich noch ein wenig über Ecken und Höhen, alles Wichtige sei aber längst entschieden.

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