Ausgabe 06 - 2001 | berliner stadtzeitung scheinschlag |
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Musik ist eine TraumerfüllungEin Interview mit Eugen Balanskat über Die Skeptiker, Erfolg und Medien sowie seine neue Band Roter Mohn.Eugen, die Nachricht von der Auflösung der Skeptiker hat nur langsam die Runde gemacht ... Wir haben das nicht an die große Glocke gehängt, Meldungen an die Presse oder ähnliches gab es nicht. Ich war schon ein bißchen traurig und befand mich deshalb auch überhaupt nicht in der Stimmung, diese Auflösung überall herumzuposaunen. Ich bin ja nicht Jenny Elvers, die noch ihre Röntgenbilder vor die Kamera hängen muß. 14 Jahre Skeptiker zu lange? Naja, für mich persönlich nicht (lacht). Die Band hat doch über die Jahre hinweg in ständig wechselnden Besetzungen gespielt. Ich bin ja der Einzige, der von der Erstbesetzung übriggeblieben ist. Es war zwar immer schade, wenn einer ging, aber es kamen auch dadurch andere interessante Leute hinzu. Diese Wechsel hatten also auch etwas Positives. Was mich immer gestört hat, waren die dummen Sprüche, die über uns kursierten, wir würden alle Mercedes fahren und das Publikum nur verarschen. Auch die Diskussion um mein Outfit. Ich bin schon zu Ostzeiten so aufgetreten, da steh ich einfach drauf. Außerdem fühle ich mich nicht genötigt, einem bestimmten Dresscode zu entsprechen. Es gibt immer Leute, denen ist deine Musik egal oder sie lehnen dich ab. Man stellt sich doch nicht auf die Bühne, um irgend jemandem zu entsprechen. Wie andere DDR-Bands wart auch ihr nach der Maueröffnung mit einem neuen Markt konfrontiert. Welche Erfahrungen hast du eigentlich im Umgang mit Medien, der Musikindustrie und der Ost-West-Problematik, auch in Bezug auf die Besucherzahlen eurer Konzerte gemacht? Im Westen ist es nach wie vor schwierig, wenn du kein Medienthema bist. Da springt die MTV- und VIVA-Generation eher auf die Pop-Welle auf. Klar, da werden natürlich auch andere Sachen präsentiert, aber was in den Medien nicht präsent ist, fällt meistens hinten runter. Wir hatten ja auch hin und wieder mal einen kleinen Fernsehbeitrag oder irgendwelche Rundfunkgeschichten aber nicht vergleichbar mit dem, was heute die Industriemaschinerie in Szene setzt. Die Skeptiker alleine haben im Westen nie so viele Leute gezogen wie im Osten, und das blieb bis zum Schluß so. Andererseits sind wir da entfernungsbedingt auch nicht so oft hingekommen. Wir waren mal die Headliner auf einem Konzert in Frankfurt am Main, bei dem nur etwa 50 Leute waren, das war ganz schön frustrierend. Witzigerweise haben wir dort immer gemerkt, das viele Zuhörer ausgereiste Ostler waren, die vielleicht zum Studieren oder wegen irgendwelcher Jobs rübergegangen sind. Gut besucht waren Festivals oder Gigs bei denen mehrere Bands spielten. An welche Erlebnisse erinnerst du dich am liebsten? Die unangenehmen Sachen fallen mir immer schneller ein, weil sie seltener sind. Beispielsweise waren wir mal Ende der Achtziger mit Freygang und der Hofbluesband auf Tour. Im Thüringer Raum fielen damals zwei oder drei Konzerte einfach aus. Naja, die wurden nicht etwa abgesagt, sondern da war plötzlich keiner vor Ort. Totgeschwiegen sozusagen, obwohl ganz klare Absprachen vorlagen, das dort ein Festival stattfinden sollte. Uns wurde im Nachhinein mal erzählt, die Stasi hätte lanciert, die Skeptiker seien eine Naziband. Das war damals schon eine etwas eigenartige Zeit. Als positive Erlebnisse würd ich mal die Konzerte bezeichnen, bei denen man merkt, daß das Publikum total begeistert ist, wo man das Gefühl hat, auch selber gut gespielt zu haben, was ja durchaus nicht jeden Abend der Fall ist. Wenn sich so eine schöne Einheit ergibt, schwebt man auf Wolke sieben, da kriegste einen Adrenalinkick, das kann man gar nicht beschreiben. Das ist besser als Sex, einfach Wahnsinn, wenn dich plötzlich Tausende feiern und deine Lieder mitsingen, das ist einfach unglaublich. Was unterscheidet dein neues Projekt Roter Mohn von deiner alten Band? Roter Mohn hat keinen politischen Anspruch. Außerdem handelt es sich um eine neue musikalische Besetzung. Wir machen Schlager der zwanziger, dreißiger und vierziger Jahre auf Rock bis Punkrock, eine Sache die deutschlandweit so keiner betreibt. Max Raabe macht die Originalinterpretation, Jochen Kowalski interpretiert die Sachen auf klassische Art und Weise, wir machen die Rock-Schiene und versuchen somit den Kreis zu schließen. Ich steh halt tierisch auf diese alten Schlager, Stars wie Zarah Leander oder viele alte Tenöre haben ja schon in ihrer Zeit das damals populäre Material Worin besteht dein Anspruch an diese neue" Musik? Diese Musik ist wie eine Traumerfüllung, auf deren Verwirklichung hab ich über 10 Jahre gewartet. Ich hab davon jahrelang erzählt, jetzt ist es endlich Was hältst du denn von dem Erfolg deiner Kollegen von Rammstein, mit denen dich ja eine gewisse gemeinsame musikalische Vergangenheit verbindet? Zu Rammstein habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis. Ich mag sie als Kollegen von ehemals Feeling B, zumindest von dem Teil der von Feeling B stammt. Aber was sie jetzt mit Rammstein machen, geht mir tierisch auf die Ketten. Was mich nervt ist, daß da eine faschistische Ästhetik scheinbar harmlos neu transportiert, bzw. neu inkarniert wird. Deine Größe macht mich klein, du sollst mein Bestrafer sein!". Das ist für mich echt ´ne Hassnummer. Wer würde als Mensch dieses Zitat so als Aussage akzeptieren? Dieses diktatorische Verhältnis ist nicht akzeptabel! Und das rutscht über diese Marschmusik einfach durch. Das Gemeine bei dieser kritischen Auseinandersetzung ist, wenn man vergleichbar wenig erfolgreich ist, daß einem dann sofort diese Neiddiskussion unterstellt wird. Aber dieses Links 2, 3, 4" ist wirklich peinlich und andere Sachen, z.B. Riefenstahl-Bilder zu verwenden und sich für die Live-Scheibe im Olympiastadion knipsen zu lassen, dabei aber gleichzeitig diese Faschismus-Anleihe zu leugnen, finde ich einfach zum Kotzen. Wie sieht mit 42 deine musikalische Zukunft aus? Keine Ahnung. Darüber mach ich mir keine Gedanken. Solange es Spaß macht, geht's weiter! Interview: Christoph Eckelt Roter Mohn live: 16.6. Berlin |
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