Ausgabe 03 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Tanz der Pantoffeltierchen

Ein Besuch im Kinder & JugendMuseum Prenzlauer Berg

Kleiner als ein Stecknadelkopf sind sie, die Mikroorganismen. Und lustige Namen haben sie: Pantoffeltierchen, Sonnentierchen und Sichelhaufenalge. Im Kinder & JugendMuseum Prenzlauer Berg können Kinder aus einem Aquarium Gewässerproben entnehmen und die Welt im Wassertropfen einmal genau unter die Lupe nehmen. Sie beobachten die Kleinstlebewesen stark vergrößert unterm Mikroskop, gucken ihnen zu, wie sie sich fortbewegen und dabei herumzappeln. Die Pantoffeltierchen (von den Kindern ihrer Form halber als "Erdnussflips" bezeichnet) führen mit ihren unzähligen kleinen Wimpern wahre Tänze auf und haben die Anmut von Forellen in einem wilden Gebirgsbach.

Die Kinder einer dritten Schulklasse, die ich durch die Ausstellung begleite, sind aufmerksam dabei. An manchen Mikroskopen bilden sich Warteschlangen bis jeder einen Blick durch die Linse geworfen hat. Doch damit nicht genug: Was bei der Gruppe "echt cool"ankommt sind die Einzeller-"Tatoos", die von einer pädagogischen Betreuung auf die erwartungsvoll entgegengestreckten Unterarme gepinselt werden. In einer Werkstatt können die Kinder Postkarten mit Motiven aus dem Mikro-Kosmos bedrucken. So werden Naturwissenschaft und Kunst auf spielerische und animierende Art und Weise miteinander verbunden.

Die letzte Station in der Mitmach-Ausstellung ist ein mit gepolsterten Matten ausgelegter Raum, an dessen Decke ein riesiger Rundspiegel hängt. Die Schulklasse nimmt Platz und muss die Formation der verschiedenen Einzeller nachbilden. Das Würstchentier gelingt gut, und auch eine eher schwierige Haufenalge kann erraten werden. Das Kindermuseum will den Kindern Dinge, denen sie täglich begegnen, be-greifbar machen. Das Lernen mit allen Sinnen steht im Vordergrund. Inhaltliche Schwerpunkte der Museumsarbeit sind historische Fragestellungen, Veränderungen im Stadtteil, sowie Ökologie und Umweltschutz.

Die Ausstellung "Kunstlabor - Mikroorganismen", die auch auf der EXPO 2000 zu sehen war, ist aus einer intensiven und vielseitigen Beschäftigung mit dem Thema "Wasser in der Stadt" hervorgegangen. "Die Ausstellungen sind langsam gewachsen", sagt Karen Hoffmann vom Kindermuseum. Die Kinder haben Brunnenmodelle gebastelt, den Wasserturm auf dem Prenzlauer Berg erforscht und eine Ausstellung über den Berliner Fluss Panke mitgestaltet ("Vom Wasser-Paradies zur Stinke-Panke"). Im Mai bietet das Kindermuseum zusammen mit dem Museum für Naturkunde Wanderungen entlang der Panke an: Unter der fachkundigen Anleitung von Wissenschaftlern werden Tiere beobachtet, Landart-Kunstwerke hergestellt und Gewässerproben entnommen.

Das Kindermuseum, das früher in der Schivelbeiner Straße untergebracht war, plant den Umzug in die Eliaskirche. Grund dafür sind die bislang sehr begrenzten Räumlichkeiten des Museums. Momentan hat es einen Zwischenstandort in der Kapelle an der Prenzlauer Allee gefunden. Allerdings ist noch unklar, ob die bis Ende April vorgesehene Nutzungsüberlassung vom Bezirksamt verlängert wird. Die im Januar entwidmete Kirche in der Senefelderstraße wird für 75 Jahre anderweitigen Zwecken zur Verfügung gestellt, weil die Gemeinde zuletzt die Kosten für den Betrieb und die bauliche Instandhaltung nicht mehr bezahlen konnte. Der Trägerverein des Museums "Netzwerk Spielkultur" übernimmt nun die Kosten für die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Bis Herbst 2002 sollen die Umbauarbeiten abgeschlossen sein. Dann erwartet die Besucher auf insgesamt 1200 qm neben den aktuellen Ausstellungsangeboten eine begehbare "Spiegelbox", eine Kletterwand, sowie eine Mosaik- und Recyclingwerkstatt. Viele Kinder kommen in Begleitung von Erwachsenen, die natürlich zuerst die Ausstellungen spitzgekriegt haben und selber Lust auf eine sinnliche Erfahrung haben. Für die Großen wird es dann auch ein Café geben. Ob der Kirchtum in ein astronomisches Kabinett verwandelt werden kann, ist allerdings noch fraglich.

Leberecht Funk

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