Ausgabe 12 - 2000 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Kurznachrichten

wachtturm weg

Der letzte, noch verbliebene Wachtturm am Checkpoint Charlie ist abgerissen worden. Eine Mitarbeiterin des nahen Mauermuseums sprach von einer „Nacht- und Nebelaktion". Innerhalb wenigen Stunden wurde das Betongebäude dem Erdboden gleichgemacht. Einer der letzten Überreste des berühmten Grenzübergangs an der Friedrichstraße stand einer geplanten Bürobebauung im Weg. Der Turm stand nicht unter Denkmalschutz, sein Abriss war nicht einmal genehmigungspflichtig, weil das Gebäude zu klein war.

monarchie

Das Reiterstandbild Friedrich des Großen ist nach seiner Restaurierung wieder Unter den Linden aufgestellt worden, allerdings nicht ohne, dass der Sockel um einige Meter nach Westen auf seinen historischen Standort versetzt wurde. Der Preußenkönig steht nun auf der Einmündung der Universitätsstraße, so dass man aus dieser kommend nur noch rechts abbiegen kann. Wer hinter der Wahl des Aufstellungstermins am 11. November, etwa um 11 Uhr, Absicht vermutet, ist ein Schelm, resp. Narr. Die Statue wurde pünktlich zum Beginn des „Preußenjahres" 2001 wiedererrichtet. In den kommenden Monaten werden alle, die Preußen nicht für einen Hort der Toleranz sondern für einen militaristischen Obrigkeitsstaat halten, mit macht eines Besseren belehrt.

umweltumzug

Der Umweltladen Mitte ist erneut umgezogen. Aus dem Zwischendomizil im Rathaus Mitte wechselte man nun in das soziokulturellen Zentrums Jojo, Torstraße 216. Die Umweltberatung kann dort zu den Öffnungszeiten Montag bis Freitag 10 bis 15.30 Uhr von jedem in Anspruch genommen werden.

danke, wedding

Weddings Bürgermeister Hans Nisblé verabschiedet sich von seinem Posten: „Wir Weddinger gehen mit Stolz und Würde in den neuen zentralen Bezirk. Unser aller Hoffnung ist es, dass die Verschmelzung der drei Bezirke für die Zukunft eine Entwicklung des Hauptstadtzentrums garantiert, die den Anforderungen einer europäischen Metropole gerecht wird. Ich bin absolut sicher, dass der Wedding als größter und bevölkerungsreichster Teil die Entwicklung im Hauptstadtbezirk positiv beeinflussen wird. Es darf kein seelenloses Verwaltungs- und Regierungsviertel geschaffen werden, bei dem der Wedding quasi Hinterhof ist. Wir alle, die wir politische Verantwortung tragen, müssen den Spagat zwischen der Glitzerwelt am Gendarmenmarkt und den Hackeschen Höfen einerseits und den Problemquartieren am Beusselkiez und im Bereich der Koloniestraße bewältigen. Dazu sollten wir uns der Devise unserer unvergessenen, liebevoll als Mutter vom Wedding bezeichneten ehemaligen Bezirksbürgermeisterin Erika Heß erinnern. Sie hat gesagt, dass erfolgreiche Politik nur mit den Menschen, inmitten der Menschen und nicht abgehoben von ihnen möglich ist. Der Wedding wird leben und blühen.

pythonschuhmode

Neue Erfolgsmeldung aus dem Naturschutz- und Grünflächenamt Mitte: In einer mehrstündigen artenschutzrechtlichen Kontrolle sind in Einzelhandelsgeschäften Krokohandtaschen, Python- und Waranschuhe sowie Störkaviar im Wert von 65000 Mark beschlagnahmt worden. Das Amt stellt fest, dass durch die derzeitigen Modetrends der internationale Handel mit Reptillederprodukten, Raubtierpelzen und ähnlichem wieder stark zunimmt. Der entscheidende Artenschutz liege im Käuferverhalten.

bäume schuld

Über kurz oder lang werden die brandenburgischen Alleen verschwinden. Die Landesminister für Verkehr und Umwelt, Hartmut Meyer und Wolfgang Birthler (beide SPD), haben einen Alleenerlass vorgestellt, nach dem Bäume nur noch in einem Abstand von 4,50 Meter vom Straßenrand gepflanzt werden sollen. Grund sind die vielen, oft tödlichen Unfälle meist junger Autofahrer, die sich fast immer am Wochenende und nachts ereignen. Schuld daran sind also nicht etwa der Alkohol oder die Unvernunft, sondern die bösen Bäume.

großpankow

Für den neuen, aus Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee gebildeten Großbezirk ist nun endlich der Name gefunden. In einer Kampfabstimmung votierte die Mehrheit der Bezirksverordneten für „Pankow" ­ unter anderem mit der Begründung, Pankow sei überregional bekannter als die Vorschläge einer auf lokaltraditionelle Neutralität bedachten Jury. Konrad Adenauer sei dank, der die DDR-Regierung immer als „die Herren in Pankow" bezeichnete. Gerüchten zufolge soll ihm wie auch Udo Lindenberg die Ehrenbürgerwürde des neuen Bezirks verliehen werden. Lindenberg soll sich erleichtert gezeigt haben, hätte er doch bei einer anderen Entscheidung sein Lied umschreiben müssen: „Sonderzug nach Dritter Bezirk" hätte vielleicht etwas holprig geklungen.

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