Ausgabe 09 - 2000berliner stadtzeitung
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Medienohnmacht in der Subkultur

Über das Fehlen einer freien Radiokultur in Berlin

Einige Menschen, die sich "Macher" nennen, im Niemandsland zwischen Kultur und Politik, haben sich der unentbehrlichen Funktion verschrieben, für Berlin Zukunft-Labels zu suchen. Und sie werden fündig in Wortgeschossen wie "Medienstadt" oder in dem stolzen Verweis auf ein buntes (sub)kulturelles Leben. Wenn es aber darum geht, beides zu verwirklichen und zusammenzuführen, den Subkulturen Gehör zu verschaffen und die Medienkultur zu fördern, entpuppen sich diese Versprechen als Versprecher. Wo Bürgerfunk oder freie Sender in verschiedenen Städten Deutschlands längst zur geschätzten Medienwelt gehören, ermangelt es Berlin immer noch an einer Frequenz für ein freies Radio- als freie Frequenz für Kreativität und freie Zugänglichkeit, die nur hier sowohl für das Publikum als auch für den Radiomacher verwirklicht ist.

Dass dies nicht im Rahmen eines Offenen Kanals, an dessen Stuhl nun auch schon kräftig gesägt wird, stattfinden kann, dagegen spricht die Konzeption eines solchen Senders. Denn dieser, eingerichtet als Forum für alle, die Radio machen wollen, hat kein eigenes Profil oder Programmschema. Wer Radio aber so versteht, dass er damit Hör-Kultur anbieten will, den kann man nicht ernsthaft mit einem Sendeplätzchen im Offenen Kanal abspeisen wollen. Zur Zeit ist es daher so, dass man automatisch eine kriminelle Handlung begeht, wenn man seine Lebensart und sein Geschaffenes eigenorganisiert in die Medienkultur des Äthers schicken will.

Wohl gibt es Versuche, auf das Fehlen eines freien Radios aufmerksam zu machen. Bekannt für ein solches Bemühen ist der Verein Piradio e.V., der von Verhandlungen mit Medienpolitikern bis hin zu Veranstaltungen verschiedener Art nicht nur viel Echo erzeugte, sondern auch breite Unterstützung fand.

Und dennoch scheint es trotz Interesses und vielfacher Anstrengung weiterhin so zu sein, dass die "Macher der Kulturpolitik eine eigene (subkulturelle und Medien-)Realität außerhalb ihrer Worthülsen nicht gelten lassen wollen, die ihre eigenen Fakten spricht oder, im Äther, gerne sprechen will.

Verena Braun

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