Ausgabe 09 - 2000berliner stadtzeitung
scheinschlag

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So weiß, weißer gehtÕs nicht.

Schlossplatz: Seine Waschkraft macht ihn so ergiebig.

Och nee! Schon wieder jemand mit Sendungsbewusstsein im vorgeblichen Zentrum der Republik. Diesmal also Waschmaschinen auf dem Schlossplatz, die Laken auf der Weißer-Riese-Wäscheleine blähen sich auch artig demonstrativ. Optisch zumindest bewegender als die zerschossene Yokoonoische Kunst des Eisenbahnidyllen-Arrangements weiter vorn auf dem Platz. 104 Waschmaschinen laden zur Open-Air-Reinigung ein: öffentliche Schmutzaustreibung bei 30-60-90 Grad mit Schleudergang zum Nulltarif. Zum Glück kümmert sich keiner der mit Säcken und Taschen Anrückenden um eventuelle tiefere Bedeutungsebenen. Die Wäsche wandert kunstlos in die Trommeln, denn es scheinen vorrangig die Kenner der Waschsalonszene die Gunst der Stunde zu nutzen: Hier ist nicht nach 30 Minuten Schluss; hier wirdÕs nicht nur sauber, sondern rein. Die nassen Stücke werden bei schönem Wetter zu Grüppchen vereint auf die Leinen verteilt. Socken paarweise vorschriftsmäßig sortiert, Kollektionen an Unterwäsche werden selten zur Schau gestellt, richtige Fetzen hängen auch nicht rum. Schröders ästhetisches Blickerlebnis dürfte also befriedigt sein.

Aber ganz nebenbei reduziert der offensichtliche Nutzen dieser Aktion angenehmerweise den Eventcharakter auf ein Minimum: So unspektakulär alltagstauglich ist der Schlossplatz in letzter Zeit kaum in den Debatten aufgetaucht. Forderungen, den Palast der Republik als Wäscheservice-Center umzunutzen, sind glücklicherweise noch nicht laut geworden. Für die Schlossnostalgiker sollte man dennoch ein paar (Original-)Waschbretter bereit halten.

sas

Am 3. Oktober werden die Waschmaschinen versteigert.

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