Selbstbeweihräucherung - Selbstbedienung

Die Ausstellung "z.B. Berlin"

Nach zehn Jahren sind die bilanzierenden Leistungsschauen im Kommen. Auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung fühlt sich berufen und zeigt ihre Ausstellung "z.B. Berlin - 10 Jahre Transformation und Modernisierung" im ehemaligen Postbahnhof am Ostbahnhof. So ungefähr alles wird thematisiert: Stadtentwicklung, Stadtwohnung, Stadtverkehr, Stadtgesellschaft und Stadtwirtschaft.

Es ist müßig, wenn der Bock zum Gärtner gemacht wird, eine selbstkritische Bilanz zu erwarten. Aber allein die Präsentation der Ausstellung spricht Bände. Schon der bunte Strauß an Sponsoren ist bemerkenswert: BVG, Deutsche Bahn, BSR, Bewag, Gasag, DASS, BB, Viterra, Tagesspiegel, die Hauptstadt Budapest und Deutsche Post, die sich ihre Erfolgsbilanzen bestimmt gern auf den Leib haben schneidern lassen. So wird in einem kleinen Andachtsraum, die den Charme eines leergeräumten McPaper-Shops verströmt, die Produktpalette der Post gepriesen, weil sie der Eigentümer des Postbahnhofs ist, diesen kostenlos zur Verfügung gestellt hat und als Standort vermarkten will, demnächst an die Börse geht und überhaupt sich als Unternehmen profilieren will.

Doch der Besucher wird schon am Eingang auf den Rundgang eingestimmt: Große Tafeln verkünden ihm akribisch, wer nun alles hier seinen Senf dazugegeben hat. Auch noch der letzte Beteiligte wird penibel aufgelistet. Betritt der Besucher nach diesem Studium endlich die untere Halle des Gebäudes, ist alles dunkel, aber große Kuben stehen rum, die von Künstlerhand gestaltet sind und alle irgendwas mit Stadt und darin leben zu tun haben. Eine kleine Lichterkette leitet den nach Information Suchenden treu durch dieses Sammelsurium. Wenn er Glück hat, bekommt er mit, dass es im Obergeschoss zur eigentlichen Ausstellung geht.

Dort ist es jetzt auch endlich hell, aber das Sammelsurium setzt sich ungebrochen fort. Auf die noch vorhandenen Gleise sind fahrbare Podeste gesetzt, die so was wie eine Versinnbildlichung des jeweiligen Themas transportieren. Der Umzug nach Berlin wird - ja genau - mit Umzugskisten dargestellt. Grün für die Stadt wird - ja genau - mit Blumenkübeln dargestellt. Usw. usf. Die Informationen sind wie im Erdgeschoss nur sparsam anzutreffen. Die meterhohen Fotografien, die wohl zur Auflockerung und Lebendigkeit beitragen sollen, sind in Kästen hinter Glas so aufgestellt, dass sich das einfallende Licht ungehindert darin spiegelt. Selbst das kleine Einmaleins einer Ausstellungseinrichtung wurde schlichtweg ignoriert.

Man wagt gar nicht zu fragen, wieviel Geld hier zur Selbstbeweihräucherung verbraten wurde. Aber bestimmt konnte sich jeder der Beteiligten gut selbstbedienen.
R.L.

Postbahnhof, Straße der Pariser Kommune 3-7, Di-Fr 9-19 Uhr, Sa/So 11-19 Uhr, Mo geschlossen