Ausgabe 01 - 2000berliner stadtzeitung
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Keine Kurtaxe in Bad Dussmann!

Offener Brief an Peter Dussmann

Lieber Peter Dussmann,
mit Interesse und Hochachtung haben wir Ihre fantasievolle Kampagne gegen das Ladenschlussgesetz verfolgt. Das Gesetz ist nicht nur ein überflüssiges Relikt aus Großvaters Tagen, sondern auch eine Gängelung von uns Kunden: Es verbietet uns, einzukaufen, wann wir wollen. Und das, wo das Einkaufen längst nicht mehr nur das Beschaffen des zum Lebensunterhalt Notwendigen ist. Nein, Shopping ist in der heutigen urbanen Gesellschaft, wie Sie einmal völlig richtig bemerkten, eine wichtige Form der Freizeitgestaltung geworden! Das Ladenschlussgesetz hindert uns an der Verwirklichung unserer Freizeitbedürfnisse. Es erfüllt gewissermaßen den Tatbestand der Freiheitsberaubung und Menschenrechtsverletzung.

Ihre Forderung, Berlin zu einem Badeort zu erklären, um den Ladenschluss auszuhebeln, ist leider undurchführbar. Es gibt Städte, die jahrelange Anstrengungen im lokalen Umweltschutz unternehmen, um wenigstens den Titel "staatlich anerkannter Erholungsort" verliehen zu bekommen. Schon angesichts des vielen Autoverkehrs ist ein "Bad Berlin" utopisch.

Wir haben einen anderen Vorschlag: Ihr "Kulturkaufhaus" ist doch bestens klimatisiert. Die Luft ist frei von Schadstoffen und entspricht den höchsten Anforderungen. Einem "Bad Dussmann" stünde also nichts im Wege. Sie sind Ihr eigener Badeort und können zu jeder Tages- und Nachtzeit öffnen. Und wir können jederzeit unsere Freizeit mit Shopping verbringen. Toll!

Ein Wermutstropfen bedroht jedoch dieses vorbildliche Pilotprojekt: Das Land Berlin könnte auf die Idee kommen, von den Bad Dussmann-Gästen Kurtaxe zu erheben. Jegliche Möglichkeit, die leeren Kassen zu füllen, nutzt der Senat doch allzu gerne aus. Daher müssen Sie sich auch davor hüten, dass der Fiskus die bei Ihnen verkauften Bücher mit einer Mehrwertsteuer von 16 statt 7 Prozent belegt. Der Grund für die steuerliche Gleichsetzung von Büchern mit Lebensmitteln würde in den Augen des Finanzamts entfallen, wenn es weniger um die Beschaffung geistiger Nahrung als um die Dienstleistung Freizeitgestaltung geht.

Wir wissen, dass Ihnen die Interessen der Kunden am Herzen liegen. Daher sind wir sicher, dass Sie die Mehrkosten, die in "Bad Dussmann" auf uns eventuell zukämen, gern für uns übernehmen.

Seien Sie sich unserer weiteren Unterstützung in Ihrem vorbildlichen Kampf gegen den Ladenschluss auch in Zukunft gewiss!

Ihre Initiative Dussmann-Kunden gegen den Ladenschluss

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