"Nicht für ganz Reiche"

Willkürliche Zerstörung von Sozialwohnungen in Wilmersdorf

Seit 1996 steht das städtische Seniorenwohnhaus Friedrichshaller Straße 44-46 im Wilmersdorfer Ortsteil Schmargendorf leer. Die Bewohner der 81 Sozialwohnungen wurden vom Bezirksamt zum Auszug gedrängt. Sie hatten sich dort wohlgefühlt, doch das Haus sollte abgerissen werden. Ein Investor wollte etwas Neues, Schöneres bauen. Bezirksamtsmitarbeiter sagten den Bewohnern, sie würden bald auf der Straße sitzen, wenn sie ihre billigen, rund 20 Quadratmeter kleinen Wohnungen nicht aufgäben und die angebotenen größeren und teureren Ersatzwohnungen nicht annähmen.

Viele der alten Leute ließen sich dadurch einschüchtern und zogen aus ihren bezahlbaren Wohnungen in der Friedrichshaller Straße aus. Die Bewohner waren oft auf Sozialhilfe angewiesen und bezahlten dort eine Warmmiete von 200 Mark. Manche der angebotenen Wohnungen kosten über 600 Mark. Im letzten Jahr wurde auch noch der Hausmeister abgezogen, sodass das an sich gut erhaltene Haus nun unbeheizt verrottet. Ein Mitarbeiter des Bezirksamts, der sich gegen diese Vorgänge wandte, bekam ein Disziplinarverfahren an den Hals.

Über drei Jahre lang ließ der Bezirk 81 Sozialwohnungen leer stehen. Allein der Mietausfall beträgt rund 200 000 Mark im Jahr. Die Wilmersdorfer Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer (B´90/Grüne) erklärt das damit, dass der erste Kaufinteressent abgesprungen sei und dadurch eine neue Ausschreibung nötig wurde. Nun hat sich aber ein Investor gefunden, der dort neue Seniorenwohnungen "nicht für ganz Reiche" bauen will, so Schmiedhofer. Der Kaufvertrag muss aber noch vom Senat bestätigt werden. Das alte Haus wird "auf jeden Fall" abgerissen.

Sozialwohnungen scheinen in einer attraktiven Wohnlage wie Schmargendorf keine angemessene Nutzung zu sein. Höherwertige Seniorenresidenzen in Grunewald-Nähe versprechen viel höhere Einnahmen. Die ganz Armen werden dort sicher nicht einziehen.
js