Ausgabe 09 - 1999berliner stadtzeitung
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Strieder im Wasserlagenwahn

Zwei neue Planwerke: "Westraum" und "Südostraum"

Peter Strieder Productions präsentiert:Nach dem großen Erfolg von "Planwerk Innenstadt - Kampf gegen die sibirische Ödnis" folgt nun "Planwerk 2 - Im Westen was Neues" und "Planwerk 3 - Der Schatz am Müggelsee". Zwei brandneue Produktionen aus dem Hause Nachhaltigkeit. Demnächst in Ihrer Planwerkstatt.

Die Methode des Showbusiness, Kassenschlagern schnell müde Abklatscher hinterherzuschieben, ist dem Stadtentwicklungssenator offenbar nicht fremd. Kurz vor dem möglichen Ende seiner Amtszeit schob er dem heiß diskutierten Planwerk Innenstadt im August erst das Planwerk Westraum und dann das Planwerk Südostraum nach.

Das Prinzip ist das gleiche wie beim umstrittenen "Masterplan": Wiederbelebung brachliegender Industrie-flächen zu innovativen Technologiestandorten, Erschließung attraktiver Wohnlagen für kleinteilige, eigentumsorientierte Wohnformen geringer Dichte, Wasserlagen, Lofts, Freizeiteinrichtungen, Einzelhandel, Umstrukturierung usw. - so lauten die Schlagworte. Man kennt das.

Der Südostraum besteht aus den Bezirken Treptow und Köpenick und drohe, so Strieder, zum Durchgangsraum zwischen Flughafen BBI und Innenstadt zu verkommen. Dem will man nicht zuletzt mit neuen Straßen entgegentreten, die A113, TVO und SOV heißen.

Das Planwerk Westraum umfasst Spandau und angrenzende Teile von Reinickendorf und Charlottenburg, und soll den Bedeutungsverlust Spandaus nach dem Mauerfall wettmachen. Als hätte man mit der Wasserstadt Oberhavel nicht schon genug Probleme, werden weitere wassernahe Wohnviertel auf bisherigen Industrieflächen in den Plan gezeichnet - ohne sich allerdings mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft abzusprechen: Teile dieser Flächen gehören zum Industrieflächensicherungsprogramm.

Der Stadtentwicklungsverwaltung genügt der Flächennutzungsplan als Instrument offenbar nicht mehr. Sie schafft mit den Planwerken eine neue Planungsebene, die auch munter in die Bebauungsplanung hineinregiert, die eigentlich in der Hoheit der Bezirke liegt.

Legt man die drei bisherigen Planwerke zusammen, fällt auf, dass sie dem Spreeverlauf in ganzer Länge folgen. Peter Strieder ist vernarrt in Wasserlagen und lässt keine Gelegenheit aus, auf die ungeheuren "Chancen" und "Potenziale" links uns rechts der Spree und der Kanäle hinzuweisen. Der Mensch kommt aus dem Meer und vielleicht zieht es ihn zurück ins Wasser. Peter Strieder sollte ein einjähriges Praktikum im Bauamt der Hallig Hooge absolvieren. Nach dem ersten "Land unter" könnte er von seinem Wasserlagenwahn kuriert sein.
Jens Sethmann

© scheinschlag 2000
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  Ausgabe 09 - 1999