Ausgabe 09 - 1999berliner stadtzeitung
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Haste mal ´ne Mark?

Kinder- und Jugendprojekte mehr denn je bedroht

Die "Kampagne familienfreundliche Mitte" hat im September nochmal den Erfolg der Aktion "Zelten auf dem Alex" wiederholt. Wie auch bei der ersten Aktion wurden die Passanten darüber informiert, daß im nächsten Jahr wegen der geringen Geldzuweisung des Senats alle freien Jugendträger in Mitte vor dem Aus stehen. Und nicht nur in Mitte, auch im Prenzlauer Berg droht der Kahlschlag. Dort sollen im nächsten Jahr maximal 400 000 Mark für die freien Träger ausgegeben werden. Eine in neun Jahren gewachsene, leistungsfähige Infrastruktur wird auf einen Schlag ins Jenseits befördert. Alle 28 Einrichtungen müßten schließen, nur noch die Straßensozialarbeit wird gefördert.

Die beständige Angstmacherei, daß die Kinder ohne Jugendangebote dann kriminell würden, drogenabhängig oder sonstwas Böses aus Langeweile anstellen, wird den Kindern und Jugendlichen allerdings überhaupt nicht gerecht. Es geht vielmehr um eine generelle "Wertschätzung" von Kindern oder Jugendlichen, die sich in den Angeboten widerspiegelt. Oder eben auch nicht. Am 20. September war dann der offizielle Weltkindertag. Solche "Gedenktage" kosten nichts, alle bekunden, daß Kinder auf jeden Fall wichtig sind und endlich mehr Rechte brauchen. In Wahrheit rücken Kinder nur ins Rampenlicht, wenn an ihnen Geld zu verdienen ist. Kinder als Konsumenten sind ein heißumworbenes Kundenpotential, sie verfügen über ein beträchtliches Taschengeldvolumen, das es abzuschöpfen gilt. Außerdem sind sie die Kunden von morgen. So durften 4- bis 14-Jährige am Karstadt-Kinder-Malwettbewerb "Mal Dir Deine Traumstadt" teilnehmen. In der Filiale im Wedding wurden alle eingesandten Bilder in einer Ausstellung gezeigt und das schönste Bild ermittelt. Ob sich jemand wirklich für die Traumstädte der Kinder interessierte? Weddings Bezirksbürgermeister Nisblé war Jurymitglied und bei der Siegerehrung selbstverständlich mit von der Partie.

Im Kaufhaus im Wedding sind die Kinder willkommen, während die Kinderfarm im selben Bezirk kürzlich so drastische Einsparungen hinnehmen mußte, daß sich der langjährige Betreiber weigerte, weiterzumachen. Die Firma Karstadt dagegen spendete pro eingesantem Bild eine Mark an das "SOS-Kinderdorf Karstadt in Rio de Janeiro". Man wird Karstadt dafür noch mal dankbar sein.
sas

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  Ausgabe 09 - 1999