Ausgabe 08 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

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"Sozialplan, Mietobergrenze, Härteausgleich"

Welche Möglichkeiten haben sanierungsbetroffene Mieter im Sanierungsgebiet?

Viele Mieter haben es ja schon durch, aber genügend steht es noch bevor. Meist fängt es damit an, daß man erfährt, daß das Haus verkauft wurde. Die Miete ist jetzt an ein anderes Konto zu überweisen. Dann soll die Wohnung von Architekten vermessen werden, schließlich wird es offiziell: Eine Modernisierung steht bevor.

Mieter in den Sanierungsgebieten sollten sich spätestens jetzt informieren. Sie brauchen nicht in Panik zu verfallen und sich auf dem Wohnungsmarkt nach einer neuen Wohnung umzusehen. Lieber sollten sie zunächst einmal zur nächsten Mieterberatungstelle der BfsS gehen. In den Sanierungsgebieten gelten nämlich besondere Instumentarien zum Schutz der Mieter vor Verdrängung.

Sozialplanverfahren

Wenn der Hauseigentümer die Sanierung mit öffentlichen Mitteln durchführen will, dann wird das Sozialplanverfahren von Amts wegen in Angriff genommen. Handelt es sich um eine rein privat finanzierte Sanierung, nimmt der Eigentümer also keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch, so muß ein solches Verfahren angestrengt werden, wenn sich die Sanierungsmaßnahmen voraussichtlich nachteilig auf die persönlichen Lebensumstände der betroffenen Bewohner auswirken. Die Mieterberatung wird in diesem Fall damit beauftragt, zwischen Eigentümern und Mietern zu vermitteln und dabei zu helfen, verbindliche Modernisierungsvereinbarungen zu treffen. Es ist aber notwendig, sich selbst möglichst frühzeitig an die Beratungsstelle zu wenden und ein solches Verfahren einzufordern! Selbstverständlich bleibt es den Mietern unbenommen, sich gleichzeitig auch an eine Beratungsstelle einer der Berliner Mieterorganisationen zu wenden, hier wird man allerdings vor allem zivilrechtlich beraten, ein Sozialplanverfahren können die Mieterorganisationen von sich aus nicht in Gang bringen.

Mietobergrenzen, Härteausgleich...

Verschiedene Lösungen können am Ende eines solchen Verfahrens stehen. So kann die Mieterberatung dafür sorgen, daß die Mieterhöhung nach der Modernisierung nicht über der Mietobergrenze für die betreffende Wohnung steht (siehe Tabelle in der Dokumentation). Ist diese Miete für den Haushalt dennoch eine unzumutbare Belastung, so besteht die Möglichkeit, vom Bezirk einen finanziellen Härteausgleich zu erhalten. Der wird maximal fünf Jahre lang gewährt, wobei sich die Zahlungen allerdings schrittweise verringern. Mieter können weiterhin eine Umsetzwohnung mit Belegungsbindung des Bezirkes erhalten - das sind meist mit öffentlichen Mitteln sanierte Wohnungen im Sanierungsgebiet. Voraussetzung ist natürlich, daß unbewohnte Wohnungen vorhanden sind, außerdem muß sich der Eigentümer der alten Wohnung dazu verpflichten, die Belegung dieser Wohnung nach der Sanierung dem Bezirk zu überlassen. Schließlich kann mit dem Eigentümer ausgehandelt werden, daß er auf bestimmte Modernisierungsmaßnahmen - beispielsweise den Einbau einer Zentralheizung - verzichtet und die Mieterhöhung nach der Sanierung entsprechend niedriger ausfällt.

Aber nicht nur die Höhe der Miete nach der Sanierung ist wichtig, auch der Verbleib des Mieterhaushaltes während der Sanierungsarbeiten ist zu regeln. Je nach Umfang der Maßnahmen ist ein Verbleib zuzumuten oder nicht - der Vermieter muß möglicherweise für die Dauer der Arbeiten eine Umsetzwohnung stellen sowie die Kosten für den Umzug übernehmen. Auch um hier Klarheit zu erhalten, ist es also zweckmäßig, rechtzeitig zur Mieterberatung zu gehen.

Keine Zustimmung ohne Mieterberatung!

Auf keinen Fall sollte man eine schriftliche Zustimmung zu Modernisierungsvorhaben des Eigentümers ohne vorherige Beratung abgeben. Zwar sieht das Soziale Konzept vor, daß in diesem Fall die Mieter einen Monat Zeit haben, diese Zustimmung zu widerrufen, dieser Monat geht aber schnell vorbei. Widerrufen die Mieter nicht rechtzeitig, so muß der Bezirk auch spätere Mieten über der Mietobergrenze genehmigen. Dann tritt die umstrittene Öffnungsklausel im Sozialen Konzept in Kraft, die dies unter solchen Umständen zuläßt. Weiterhin sind Modernisierungsvereinbarungen oder vom Mieter unterzeichnete Modernisierungserklärungen zivilrechtlich bindende Verträge und nach ihrer Unterzeichnung erfahrungsgemäß schwer wieder rückgängig zu machen. Es wird also nur komplizierter, wenn sich herausstellt, daß man zu schnell einer solchen Vereinbarung zugestimmt hat.
Christof Schaffelder

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