Ausgabe 07 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Ins Stadtbad muß Wasser

Sanierungsvorschläge für die "Wasch- und Reinigungsanstalt" in der Oderberger Straße

Mit blinden Augen starrt es auf die Straße hinaus. Der Putz löst sich langsam, aber stetig, und fällt zu Boden. Dabei wirkt das Gebäude, als hätte es schon bessere Tage erlebt. Bei seinem Bau vor rund hundert Jahren wurde an Schmuck für die "Wasch- und Reinigungsanstalt", das "Stadtbad Prenzlauer Berg" nicht gespart. Bis vor rund zehn Jahren bot es den Bewohnern des Bezirks die Möglichkeit der körperlichen Reinigung und Ertüchtigung in einem 25-Meter-Becken und einer Sauna im Tiefgeschoß.

Seither fristet es ein trostloses Dasein als architektonische und städtebauliche Ruine inmitten des stetig bunter werdenden Kiezes. Schon vor einigen Jahren mahnte der Sanierungsträger S.T.E.R.N. eine Entwicklungsplanung an, um den Zerfall des Gebäudes zu stoppen. Ebenfalls seit Jahren bemüht sich die Bürgerinitiative "Stadtbad Oderberger" um die Sanierung des Gebäudes, mit Unterschriftensammlungen und zahlreichen, zum Teil spektakulären Aktionen, wie der "FLUTEN"-Reihe oder "Quergebäude". Aber es tut sich nichts.

Günter Kube, der "Trockenleger" und Vorsitzender der Berliner Bäderbetriebe, hat keine Pläne für die Wiedereinrichtung des Badebetriebes im "O-Bad". In einem Interview mit der Stadtteilzeitung "Vor Ort" schließt er dies aus "investitionstechnischen Gründen" aus. Inzwischen wurden zusammen mit der S.T.E.R.N. Nutzungs- und Finanzierungskonzepte erdacht, die der behutsamen Stadterneuerung Hohn sprechen: Boardinghaus mit Pool-Option für gestreßte Geschäftsleute, Internet-Café und Geschäfte, Freizeitmanager-Trainingszentrum oder Frauenfitneßzentrum als die noch nachvollziehbarste Option. Alles, aber kein Schwimmbad.

Hingegen gibt es einen Vorschlag der Bürgerinitiative, das Schwimmbad mit seinen zahlreichen und wertvollen Innenarbeiten zu sanieren und, kombiniert mit einem Jugendhotel, wieder zu öffnen. Ein durchdachtes und "sozialverträgliches" Konzept. Doch der Vorschlag paßt nicht in den Rahmen potentieller Investoren. Die Frage ist also, für welche Nutzer saniert werden soll - für eine monetäre Elite oder für Lieschen Müller und Hans Jedermann. Jetzt sollen drei unabhängige Gutachter (jeweils einer für die Bäderbetriebe, S.T.E.R.N. und die Bürgerinitiative) über die weitere Entwicklung entscheiden.

Bis dahin ist Öffentlichkeitsarbeit angesagt. Eine kleine Kostprobe gab es schon mit einer Modenschau und Ausstellung des Kinder- und Jugendmuseums Prenzlauer Berg. Vorstellungen der Kinder über ein Bad zum Schwimmen und Informationen über die Geschichte des Bades sind in den ehemaligen Räumen der Galerie O zwei (Oderberger Straße 2) und im Architekturbüro Oderberger Straße 40 zu besichtigen.
Stephan Eßwein

Interessierte können sich in der Betroffenenvertretung Teutoburger Platz melden, fon 44 05 75 44.

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 07 - 1999