Ausgabe 02 - 1999berliner stadtzeitung
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Grüner den Teute!

Bewohner gestalten ihr Sanierungsgebiet um

Etwas abseits, zwischen Kastanien- und Schönhauser Allee, genau hinter dem Gelände des Pfefferberges liegt er: der Teutoburger Platz. Als Aussparung eines Wohnblocks entstanden, diente er bis 1888 als Marktplatz-Ersatz für die sich damals im Umbau befindliche Ackerhalle. Danach stand er den Kindern der Umgebung als Spielfläche inmitten der dichten Bebauung zur Verfügung, bis er im Zuge der Umbaumaßnahmen ab 1920 als Stadtplatz neu angelegt wurde. Den Abschluß bildete 1928 die Fertigstellung des als Milchbar genutzten Platzhauses. Dort trafen sich die Anwohner bei Milch oder sonstigen alkoholfreien Getränken. Bis zur neueren Geschichte des Platzes seit 1990 beherbergte das Häuschen einen Trafo und fristete, wie der Platz insgesamt, ein etwas trostloses Dasein.


Im Zuge der Festlegung der Sanierungsgebiete in den östlichen Stadtteilen bekam das Anliegen der Teute-Bewohner, den Platz für alle neu nutzbar zu gestalten, einen Rahmen. Die Betroffenenvertretung (BV) Teutoburger Platz, als demokratische Instanz und Lobby der Bewohner, initiierte im Herbst 1991 gemeinsam mit Studenten für Landschaftsplanung einen Planungsprozeß mit Bürgerbeteiligung. 1993 legten die Anwohner dann gemeinsam eine Hügellandschaft im südlichen Teil an. Schon im Jahr darauf wurde der Spielplatz samt Geräten nach Wunschplänen der Kinder fertig, ab 1996 der übrige Platz, Pergolas und Bänke wurden aufgestellt. Die Krönung war im Sommer letzten Jahres die Wiedereröffnung des alten Platzhauses mit einem großen Fest aller Beteiligten. Das Haus, das neben einem großen Raum für allerlei Festivitäten, auch mit einer Küche und Toiletten ausgestattet ist, steht seitdem, wie der Platz überhaupt, für alle Gruppen des Sanierungsgebietes zur Verfügung.

Grüne Wände

Mittlerweile wird die Arbeit unter anderem mit dem Projekt "Grüne Wände" fortgeführt. Hier soll die dem Platz nördlich angrenzende Häuserzeile an der Zionskirchstraße bis zur ersten Etage mit Stauden begrünt werden. Die Gespräche mit den Eigentümern und dem Bezirksamt laufen schon.

Daß die Arbeit sich in einem langen Prozeß vollzieht, der viel Ausdauer und Initiative erfordert, ergibt sich aus den politischen Rahmenbedingungen und der Tatsache, daß die Bürger ehrenamtlich für Veränderungen kämpfen müssen. Allein die Arbeit an verschiedenen Projekten (Platzumgestaltung, Verkehrsberuhigung, längerfristige Bindung von Mietobergrenzen), aber auch die berühmten Mühlen der Bürokratie fordern ihren Tribut. Der Umgang miteinander während der Planungs- und Bauphasen erweitert die reine Umgestaltung zu einem regelrechten "sozialintegrativen Prozeß". Der Platz entwickelt sich vom architektonischen Merkmal des Stadtteils wieder zum Treffpunkt der Bewohner. Die Idee vom Kiez als "Dorf in der Stadt" wird wahr.

Grüne Wege

Die Vorschläge und Erfahrungen, die mit dem Teute gesammelt wurden, könnten ohne weiteres auf das Gelände an der Schwedter Straße übertragen werden, auf dem zur Zeit noch asbestverseuchte Baracken vor sich hin stehen und dem Bezirk dringend benötigte Grünflächen vorenthalten. Das Projekt "Grüne Wege" ist da schon weiter gediehen. Hier sollen sich einmal Wege wie ein grünes Band durch die Blockinnenhöfe schlängeln und dadurch den Teute mit dem Pratergarten und dem Mauerpark verbinden. So wie es bis zur Wende einmal war. Karin Ludwig von der BV Teute macht an diesen Beispielen "das Organische dieser Prozesse" deutlich, das einen langen Atem erfordert.

Der BV Teute geht es nicht alleine um die behutsame Sanierung von Häusern oder Neuanlage und -gestaltung von Grünanlagen, sondern auch um den Erhalt von Sozial- und Jugendeinrichtungen und verkehrsreduzierende Maßnahmen. Außerdem soll durch die Information der Bürger, sowie deren Beratung in Sachen Mietrecht, die Beteiligung an Gestaltungsprozessen im Sanierungsgebiet ausgeweitet werden.

Wer Vorschläge zur Verbesserung hat und einbringen möchte, Näheres über laufende Aktionen wissen oder sofort mitmachen will, kann den Teute-Leuten einen Besuch abstatten. Immer mittwochs um 20 Uhr findet in den Räumen der BV, Templiner Str. 17 das Plenum statt.
Stephan Eßwein

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